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Logo - die Nutzung des Logos der Firma Neger ist nicht strafbar
Persönlichkeitsrecht|FAQ

Veröffentlicht am

Ist Nutzung eines Logos mit dem Schriftzug „Neger“ und der Karikatur eines afrikanischen Eingeborenen rechtmäßig?

Ernst Neger führte vor über zwei Jahrzenten ein Dachdecker-Unternehmen in Mainz. In sein Firmenlogo nahm er neben dem Schriftzug „Neger“ die Karikatur eines afrikanischen Eingeborenen mit Dachdeckerhammer, hervortretenden großen Ohren und Lippen auf. Heute führt der Enkel von Ernst Neger, Thomas Neger, das Unternehmen und benutzt ebenfalls dieses Firmenlogo. Darf er das? 

Volksverhetzung?

Volksverhetzung ist strafbar. Die strafrechtliche Sanktion dient nicht nur dem Schutz des Einzelnen vor Hetze, sondern auch allgemein dem friedlichen gesellschaftlichen Zusammenleben. „Neger“ sind Teil der Bevölkerung. Gegen sie darf nicht gehetzt werden. 

Eine Hetze des Herrn Neger gegen Afrikanischstämmige dürfte jedoch abzulehnen sein. Erforderlich ist, dass ein Bevölkerungsteil beschimpft oder gegen ihn zum Hass aufgestachelt oder zu Gewaltmaßnahmen aufgefordert wird und dadurch allgemein das gesellschaftliche Zusammenleben gefährdet ist. 

Herr Neger fordert durch sein Firmenlogo nicht zur Gewalt auf. Es fehlt der Appelcharakter hinsichtlich einer bestimmten Gewalttat. Auch kann nicht von einem Aufstacheln zum Hass ausgegangen werden. Insofern ist notwendig, dass eine feindselige Haltung provoziert wird, die über eine Äußerung von Verachtung hinausgeht. Selbst wenn man Herrn Neger unterstellt, er wolle die Aussage treffen, afrikanischstämmige Mitbürger seien auch heute noch als Sklaven und Opfer anzusehen, worin zweifellos eine Verachtung zu erblicken wäre, fehlt die Provokation einer feindseligen Haltung. Herr Neger setzt keinen Anreiz, mit Afrikanischstämmigen in bestimmter Weise umzugehen. Erst recht lässt sich keine eindeutige Aussage dahingehend entnehmen, Afrikanischstämmige seien gesellschaftlich zu ächten. 

Afrikanischstämmige werden durch das Firmenlogo auch nicht beschimpft. Eine derartige Beschimpfung setzt einen Eingriff in die Menschenwürde voraus. Dazu müsste eine Bevölkerungsgruppe beispielsweise mit Tieren gleichgesetzt werden oder deren Recht bestritten werden, gleichberechtigt in der Gemeinschaft zu leben. Zwar ist die Interpretation des Firmenlogos möglich, Herrn Neger sehe Afrikanischstämmige auch heute noch als Sklaven und Opfer. Darin läge ein Bestreiten des Rechts Afrikanischstämmiger auf das Leben in der Gesellschaft als gleichwertige Persönlichkeit. Im Zusammenspiel mit seinem Nachnamen ist aber auch die Interpretation denkbar, Herr Neger arbeite wie ein afrikanischstämmiger Sklave aus der Kolonialzeit. Ist der Aussagegehalt einer Äußerung nicht eindeutig, müssen sämtliche Interpretationen einer Äußerung ermittelt werden. Sodann gilt im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit als überragendes Gut unserer Verfassung der Grundsatz „in dubio pro libertate“ (Im Zweifel für die Meinungsfreiheit).  Danach ist diejenige Interpretation einer Äußerung zugrunde zu legen, die nicht rechtsverletzend ist. Das wäre vorliegend diejenige, dass Herr Neger wie ein Sklave aus der Kolonialzeit arbeite. 

Ungeachtet dessen beeinträchtigt das Firmenlogo allgemein das friedliche gesellschaftliche Zusammenleben nicht. Davon ist nur auszugehen, wenn das Vertrauen der betroffenen Bevölkerungsgruppe oder der Allgemeinheit in die Rechtssicherheit erschüttert ist. Dabei kommt es auf die Stimmungslage der Bevölkerung und die politische Situation an. Davon abzugrenzen ist eine gesellschaftliche Debatte, die in einer freiheitlichen Demokratie angelegt und auch gewollt ist. Zwar schwelt die Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern des Firmenlogos. Auch wurde bereits auf den Onlineangeboten von Focus, Die Welt und Tagesspiegel über das Thema berichtet. Dies ist jedoch noch kein Indiz dafür, dass Afrikanischstämmige um ihre Rechtssicherheit bangen müssten, sondern Ausfluss der Presse- und Meinungsfreiheit. Aktuell ist das politische Umfeld nicht derart angespannt, dass die vorliegende Diskussion das Friedensgefühl stören könnte. Selbstverständlich können sich die aktuell bestehende Stimmungslage und damit auch die rechtliche Beurteilung ändern. An solchen tatsächlichen Veränderungen wird sich das Firmenlogo, solange es benutzt wird, messen lassen müssen. Zumindest jetzt liegt die Annahme einer Beeinträchtigung des gesellschaftlichen Zusammenlebens fern. 

Beleidigung?

Auch die Beleidigung ist strafbar. Im Gegensatz zur Volksverhetzung löst sie auch zivilrechtliche Folgen, z.B. Unterlassung und Schadensersatz, aus. Das strafrechtliche Sanktionsschwert dient hier ausschließlich dem Schutz der persönlichen Ehre des einzelnen Menschen und der einzelnen Personenvereinigung, egal ob im privaten oder geschäftlichen Bereich. Eine Personenvereinigung ist jedoch nur dann beleidigungsfähig, wenn sie eine gesellschaftlich anerkannte Funktion erfüllt und in der Lage ist, eine einheitliche Haltung zu äußern (z.B. Bundeswehr). 

Die Benutzung des Firmenlogos ist keine Beleidigung. Eine Beleidigung ist nur denkbar, wenn zwischen zwei Personen, dem Äußernden und Betroffenen, eine Kommunikation stattfindet. Die Person des Beleidigten muss hinreichend erkennbar gemacht werden, entweder offen durch Nennung identifizierender Merkmale (z.B. Name, detaillierte Beschreibung des Erscheinungsbildes) oder verdeckt durch eine indirekte Bezugnahme (z.B. Herabwürdigung einer Tätigkeit einer Person vor deren Privathaus). Durch das Firmenlogo nimmt Herr Neger keinen eindeutigen Bezug auf einen bestimmten Afrikanischstämmigen. Ebenso erfüllen Afrikanischstämmige als solche keine gesellschaftliche Funktion, sodass sie auch nicht als Bevölkerungsgruppe beleidigt werden können. Auch ist hier wieder die Bezugnahme auf die eigene Person Herrn Negers denkbar. Das ist nicht strafbar. Der Schutz der Ehre des Einzelnen steht zur dessen Disposition. 

Wettbewerbsverstoß?

Herr Neger ist Gebewerbetreibender und muss damit die Regeln des Wettbewerbsrechts beachten. Der unlautere Wettbewerb ist untersagt. Das Firmenlogo  hält den Regeln des Wettbewerbsrechts stand. Das Wettbewerbsrecht schützt die Entscheidungsfreiheit und das Recht auf Information des Verbrauchers, die Entfaltungsfreiheit und die wirtschaftlichen Interessen der anderen Wettbewerbsteilnehmer sowie das Allgemeininteresse daran, dass der Wettbewerb mit fairen Mitteln erfolgt. Das Firmenlogo berührt diese geschützten Interessen nicht. Es werden keine falschen Informationen vermittelt. Für den Verbraucher ist erkennbar, dass es sich um Dachdeckerleistungen handelt. Die anderen Wettbewerbsteilnehmer werden nicht daran gehindert, ihre Dienstleistungen anzubieten. Auch wird nicht in deren Geschäftsbetrieb eingegriffen. Das Allgemeininteresse an fairem Wettbewerb ist nicht berührt. Die Wahrung politischer Korrektheit und des Respekts gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen ist nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts. 

Fazit

Die Diskussion über das Firmenlogo ist berechtigt, gewünscht und vielleicht auch notwendig. Sie ist nicht mit der strafrechtlichen Schere abzuschneiden. Die strafrechtliche Sanktion hat nicht den Zweck, eine Diskussion in eine bestimmte Richtung zu lenken oder eine bestimmte Meinung zu fördern oder zu diskriminieren. Solange nicht festzustellen ist, dass der allgemeine Rechtsfrieden in Gefahr gerät, solange muss der Meinungskampf möglich sein. Dem Einzelnen darf nicht voreilig unterstellt werden, er bezwecke eine Diskriminierung eines Bevölkerungsteils. Wer das tut, erstickt gesellschaftliche Diskussionen im Keim. Wer Angst hat, seine Äußerung könnte so missverstanden werden, dass sie unzulässig ist, wird sich künftig hüten, diese zu äußern. Das kann nicht im Interesse des Wettkampfs der Meinungen sein. Es ist weder nötig noch gerechtfertigt, diesen Meinungskampf über andere Gesetze, die anderen Zwecken dienen, zu beeinträchtigen. 

Unzulässig und möglicherweise sogar strafbar ist in jedem Fall die Anprangerung Negers durch Plakatierungen in der Stadt Mainz. Auf den Plakaten wird Neger als Rassist betitelt.

Ansprechpartner

Karsten Gulden

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

[email protected]
+49-6131-240950

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