Internetpranger - Ist es erlaubt Personen und Unternehmen im Internet anzuprangern?
Persönlichkeitsrecht|FAQ
Im Internet und in den sozialen Medien kommt es immer wieder vor, dass Menschen und Unternehmen angeprangert werden, um das Ansehen und den guten Ruf der Betroffenen zu schädigen. Wir erklären, welche Rechtsfolgen eine Anprangerung haben kann.
BGH zum Pranger-Blog
Auch der Bundesgerichtshof hat sich mit dem Thema der digitalen Anprangerung beschäftigt und geurteilt, dass es jedenfalls unzulässig ist, einen Blog als Erpressungsmittel einzusetzen, VI ZR 52/18 und VI ZR 10/18 vom 29. Juni 2021. Es ging dabei um einen Blog, der sich nahezu ausschließlich mit einem Investor beschäftigte und dessen Aufsichtsrat, der vom Investor gewählt wurde. Inhaltlich ging es dabei um Beleidigungsvorwürfe, Mobbingattacken und Erpressungsversuche. Der BGH schloss dabei nicht aus, dass auch ein Totalverbot eines Blogs möglich sei, wenn es nicht um die Information der Öffentlichkeit ginge, sondern allein um die Verächtlichmachung der angeprangerten Person.
Internetpranger - Fall: Zahlungsunwilligkeit des Schuldners im Internet veröffentlichen, um den Druck zur Zahlung zu erhöhen?
Internetpranger - Darf ich die Zahlungsunwilligkeit meines Schuldners im Internet veröffentlichen, um den Druck zur Zahlung zu erhöhen?
Diese Frage hatte das Kammergericht (KG) Berlin in der Entscheidung (Az. (4) 121 Ss 30/12 (54/12) zu beantworten. Das Ergebnis ist beachtlich: Die Drohung mit der Veröffentlichung der Zahlungsunwilligkeit eines Schuldners im Internet ist nicht strafbar. Die Umschreibung eines Lebenssachverhalts ist keine versuchte Nötigung.
Dem Strafverfahren vorausgegangen war eine zivilrechtliche Streitigkeit, in welcher sich die Parteien im Rahmen eines Vergleichs geeinigt hatten. Die damalige Beklagte sollte 16.920 Euro an die Mandantschaft des Rechtsanwalts zahlen. Für den Zahlungseingang wurde eine Frist vereinbart. Zwei Tage nach Fristablauf war noch keine Zahlung erfolgt. Daraufhin wandte sich der Rechtsanwalt an die Gegenseite und stellte in Aussicht, dass der Lebenssachverhalt unter den Keywörtern Z (Unternehmen des Schuldners) ins Internet gestellt werde.
Was folgte war eine Verurteilung des Rechtsanwalts wegen versuchter Nötigung durch das Landgericht Berlin. Der Rechtsanwalt habe bewusst damit gedroht im Internet zu verbreiten, dass die Schuldnerin zahlungsunwillig oder zahlungsunfähig sei. Dabei sei ihm bewusst gewesen, dass dies enorme negative wirtschaftliche Auswirkungen für die Schuldnerin haben könne.
Diese Rechtsauffassung teilte das KG nicht. Das Ergebnis: Freispruch. Die Ankündigung des Lebenssachverhaltes im Internet sei keine versuchte Nötigung. Eine Nötigung begeht, wer einen Menschen rechtswidrig durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung Duldung oder Unterlassung nötigt. Das KG führte dazu aus: Die Ankündigung der Veröffentlichung des „Lebenssachverhalts“ im Internet stellt nach ihrem Wortlaut lediglich eine allgemein gehaltene, unspezifische Ankündigung von Schwierigkeiten oder Weiterungen dar, die regelmäßig nicht den Tatbestand der Drohung mit einem empfindlichen Übel erfüllt. Zudem hat der Rechtsanwalt nicht die Behauptung der tatsächlichen Zahlungsunfähigkeit aufgestellt, dies ergibt sich daraus, dass die Wertungen mit Einschränkungen versehen wurden(„scheinbar“ … etwas klamm oder unwillig). Die weiteren Formulierungen lassen ohne weiteres die Beurteilung zu, dass nicht die Behauptung tatsächlicher Zahlungsunfähigkeit im Raum stand, sondern der Umgang der Schuldnerin mit Gläubigern, die begründete Forderungen geltend machen.
Fazit zum Pranger im Internet
In der Regel ist es nicht zulässig, Einzelpersonen, Gruppierungen oder auch Unternehmen im Internet anzuprangern, nur um diese verächtlich zu machen und in ihrem Ansehen zu schädigen. Zulässig sind sachliche Kritiken, auch wenn diese für die Betroffenen unangenehm sind.
Karsten Gulden
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator
Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator