Zunächst sollte der Begriff der „Meinung“, wie die Gerichte sie verstehen, geklärt werden. Meinungen sind dem Gesetz nach von Wertungen geprägt, bringen persönliche Ansichten zum Ausdruck, sind subjektiv und müssen also keiner Logik folgen. Anders Tatsachenbehauptungen. Diese sind dem Beweis zugänglich. Das heißt, eine Äußerung der Kategorie „Tatsache“ ist entweder „wahr“ oder „unwahr“. Andersherum: Eine Statistik kann nie eine Meinungsäußerung sein. Wer sagt „SpVgg Greuther Fürth hat in der 1. Bundesliga nichts verloren!“, tut eine Meinung kund.
Meinungsaustausch als Voraussetzung der Demokratie
Eben solche Meinungsäußerungen schützt die Meinungsfreiheit. Auch geschützt sind streng genommen zudem wahre Tatsachenbehauptungen, auf denen Meinungen erst aufbauen. Die Meinungsfreiheit ist als Grundpfeiler unserer Demokratie in Artikel 5 des Grundgesetzes besonders geschützt.
Aber vor wem eigentlich? Primär vor dem Staat. Denn die Meinungsfreiheit ist zuallererst ein sogenanntes Abwehrrecht gegen staatliche Repressionen. In hitzigen Debatten meinen viele Menschen aber schnell, im Grundgesetz stünde: „Meine Meinung über alle anderen Rechte“ oder „Wer mir widerspricht, verletzt meine Meinungsfreiheit“. Das ist natürlich Unsinn. Nur eingeschränkt wirkt die grundgesetzliche Meinungsfreiheit zwischen Privaten.
Wenn Sie also beispielsweise einem „Querdenker“ widersprechen und sagen, er solle seine Ansichten doch anderen Menschen näherbringen, verletzen Sie niemals dessen Meinungsfreiheit, erst Recht nicht dadurch, dass Sie ihm nicht zuhören.
Sperrt Facebook aber zum Beispiel einen Post eines Nutzers aufgrund der Nutzungsbedingungen kann sich dieser vor Gericht auch gegenüber Facebook auf die Meinungsfreiheit berufen – „mittelbare Drittwirkung“ nennt man das. Tatsächlich endet die Meinungsfreiheit – genau wie alle anderen Freiheiten in einer zivilisierten Gesellschaft – aber generell dort, wo die Freiheit eines Mitmenschen anfängt.
Prüfen Sie stets, welche Wirkung eine Äußerung, die Sie loswerden wollen, auf Sie selbst hätte, wenn ein Dritter sie aussprechen würde und Sie der Adressat oder die Adressatin wären. In vielen Fällen wissen Sie dann bereits die (juristisch korrekte) Antwort, ob Ihre Äußerung zulässig wäre oder nicht.
Die Meinungsfreiheit kennt Grenzen
Im Fall der Meinungsfreiheit ist das meist das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines anderen Menschen. Das kann etwa verletzt sein, wenn Ihr Nachbar Sie verhöhnt, indem er Details aus Ihrem Privatleben rumerzählt, oder eben auch, wenn eine Äußerung über ein gewisses Maß hinaus verletzend ist. Für verletzende, nicht zulässige Äußerungen gibt im Strafgesetzbuch sogar einen eigenen Abschnitt.
Bestimmte Menschen müssen sich mehr gefallen lassen als andere. Nach ständiger Rechtsprechung müssen sich etwa Träger öffentlicher Gewalt oder Politiker auch stark zugespitzte und polemische Kritik gefallen lassen, das gehört in einer Demokratie dazu. Schluss ist aber immer bei Schmähkritik oder Formalbeleidigung.
Wenn einer „Person der Achtungsanspruch ganz oder in unerträglicher Weise abgesprochen“ wird, es nur noch um die Diffamierung oder Erniedrigung der angegriffenen Person geht und jeglicher sachliche Bezug zu einer Debatte fehlt. Dann sprechen Juristen üblicherweise von Schmähkritik. Die ist in der Regel strafbar und trägt nichts zur öffentlichen Debatte bei. Und das sollte idealerweise schließlich auch das Ziel des Meinungsaustauschs sein.