Wie weit geht die Meinungsfreiheit?
Die Meinungsfreiheit ist eines der höchsten Güter unseres Grundgesetzes und darf deshalb nicht so einfach eingeschränkt werden. Deshalb ist grundsätzlich eine großzügige Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und evtl. widerstreitenden Grundrechten, wie dem Recht der persönlichen Ehre vorzunehmen.
Nur in strengen Ausnahmefällen bedarf es dieser Abwägung nicht – derartige Äußerungen sind nicht von der Meinungsfreiheit umfasst. Das ist der Fall bei sog. Schmähkritik, bei Formalbeleidigungen oder eben wie vorliegend bei menschenverachtenden Äußerungen.
Menschenverachtende Äußerungen
Sie ergeben sich daraus, dass die Würde des Menschen unantastbar ist (Art.1 Abs.1 GG). Äußerungen, die diese Würde verletzen, können nicht als Meinung gerechtfertigt werden.
Sie liegen immer dann vor, wenn einer Person, der ihre menschliche Würde ausmachende Kern der Persönlichkeit abgesprochen wird. Als Kurzformel: Immer dann, wenn ein Mensch zum Objekt gemacht wird, kann eine menschenverachtende Äußerung vorliegen.
So lag es auch im Fall, den das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden hatte. Die Bezeichnung „Ugah, Ugah“ einer dunkelhäutigen Person zielt darauf ab, ihm seine gleichwertige Position als Mensch abzuerkennen. Denn die Affenlaute vermitteln den Eindruck, dass eine dunkelhäutige Person weniger zivilisiert, weniger kultiviert und daher minderwertig sei.
Diese Differenzierung aufgrund der Hautfarbe ist rassistisch, denn sie spricht einer ethnischen Gruppe aufgrund äußerer Erscheinungen systematische Schwächen und Merkmale zu.
Wie bereits angedeutet, wäre die Entscheidung bei einer hellhäutigen Person sicherlich anders ausgefallen, denn der herabwürdigende Charakter tritt hier nicht ohne weiteres in den Vordergrund.
Als Gegenbeispiel einer kritischen, aber zulässigen Äußerung, kann hier auf das Benetton-Urteil verwiesen werden (Beschluss vom 11. 3. 2003 - 1 BvR 426/02). Gegenstand war eine sog. Schockwerbung die eine Person als mit HIV infiziert „abgestempelt“ hat. Hier stand allerdings nicht die Herabwürdigung des Menschen im Vordergrund, sondern die gesellschaftskritische Auseinandersetzung mit dem Thema HIV.
Dieser Bezug zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung machte den Unterschied und wurde deshalb als zulässige Meinungsäußerung eingestuft.
Schmähkritik, Formalbeleidigungen und Hatespeech
Schmähkritik liegt immer dann vor, wenn es nicht um die Auseinandersetzung in der Sache geht, sondern einzig und allein um die Herabwürdigung der Person.
Erst vor kurzem musste sich das LG Berlin durch Beschluss vom 9.9.2019 (Az. 27 AR 17/19) mit sog. „Hatespeech“ gegen die Bundestagsabgeordnete Künast in Folge einer Äußerung im Plenum beschäftigen. Künast wurde in den sozialen Medien u.a. als „Stück Scheisse“, „Geisteskrank“, „Schlampe“ und „Drecks Fotze“ bezeichnet. Hier gingen die Gerichte zunächst großzügig von zulässigen, wenn auch grenzwertigen Meinungen aus – stuften diese allerdings dann dennoch als Schmähkritik ein.
Das zeigt, wie zurückhaltend die Rechtsprechung mit der Einschränkung der Meinungsfreiheit ist. In einem kürzlich veröffentlichten Artikel haben wir uns ausführlich und isoliert mit der Schmähkritik beschäftigt, die insbesondere im Zusammenhang mit dem „Böhmermann-Gedicht“ und dessen Einstufung als Satire relevant wurde.
Bei einer Formalbeleidigung handelt es sich um eine Äußerung, die die Straftatbestände der §§ 185 ff. StGB erfüllt. Das sind regelmäßig Schimpfwörter oder beleidigende Vergleiche bei denen ein Sachzusammenhang von vornherein ausscheidet, weil die Begriffe aus sich heraus bereits herabwürdigend sind.
Merke: Rassistische Äußerungen sind unzulässig!