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Das Äußerungsrecht des Bürgermeisters
Was darf der Bürgermeister sagen? Was muss die Presse beachten?

Veröffentlicht am
gulden röttger rechtsanwälte

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Karsten Gulden, LL.M. Medienrecht

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Das Äußerungsrecht des Bürgermeisters

Der Bürgermeister hat das Recht, sich zu äußern – zumindest in seiner Funktion als Bürgermeister.
So kommt es immer wieder vor, dass sich Bürgermeister/Innen öffentlich zu politischen Themen äußern oder Aussagen über politische Parteien treffen und dabei ihre private Meinung einfließen lassen. Dies birgt Zündstoff, denn die Grenzen zwischen privaten und amtlichen Äußerungen sind oftmals fließend und somit schnell überschritten

Der Bürgermeister hat das Wort

Das Recht eines Bürgermeisters, sich im Rahmen von örtlichen Angelegenheiten zu äußern, ergibt sich aus dem Grundgesetz. Art. 28 Absatz 2 Satz 1 GG regelt das sogenannte Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden, welches auch in den jeweiligen Landesverfassungen normiert ist (Art. 49 LV-RLP, Art. 137 HV). Hieraus ergibt sich die Befugnis der Gemeinde – also auch des Bürgermeisters – sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft anzunehmen.

Äußerungsrecht zu Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft

Das ist dann der Fall, wenn die Angelegenheiten in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr aufweisen (BVerwG Urt. v. 14.12.1990, Az. 7 C 37.89). Dazu zählt auch die staatliche Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, wozu ebenfalls die Darlegung und Erläuterung der Politik der Regierungs- und Verwaltungsorgane zählt. Dies lässt sich ebenso auf das Amt des Bürgermeisters übertragen. Als gewähltes Stadt- bzw. Gemeindeoberhaupt – vergleichbar mit Regierungsmitgliedern – steht dem Bürgermeister ein Äußerungsrecht zu. Folglich ist er berechtigt, neben der Leitung der Verwaltung, sich gleichfalls politisch zu betätigen und aufgrund dieser politischen Funktion auch zu ortsbezogenen Angelegenheiten zu äußern (BVerwG Urt. v. 13.09.2017, Az. 10 C 6.16).

Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot

Doch diesem Äußerungsrecht sind Grenzen gesetzt. Wie auch für Regierungsmitglieder, gilt für den Bürgermeister einer Stadt bzw. Gemeinde das sogenannte Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot. Dieses statuiert die rechtlichen Grenzen von amtlichen Äußerungen. Daraus ergibt sich für die Amtsträger die Pflicht, sich – insbesondere im politischen Wahlkampf und politischen Meinungskampf – gegenüber anderen politischen Parteien neutral zu verhalten. Ferner dürfen die Äußerungen nicht auf Werturteilen beruhen, die aufgrund sachfremder Erwägungen getroffen wurden.

Wann das Neutralitätsgebot zwar eingehalten, jedoch das Sachlichkeitsgebot überschritten wird, zeigt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im sogenannten „Lichter aus!“-Fall (BVerwG Urt. v. 13.09.2017, Az. 10 C 6.16). In diesem Fall hatte der Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf mit einem Appell auf der Homepage der Stadt die Bürger darüber informiert, dass an einem Großteil der städtischen Gebäude das Licht gelöscht werde und die Bürger dazu aufgerufen, die Beleuchtung an ihren Gebäuden auszuschalten. Hintergrund dieser Aktion war eine stattfindende Versammlung der Vereinigung „Düsseldorfer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ („Dügida“). Desweiteren rief er zur Teilnahme an einer Gegenveranstaltung auf. Das Bundesverwaltungsgericht sah hierin eine Überschreitung des Sachlichkeitsgebots, wodurch die Äußerung des Oberbürgermeisters rechtswidrig war. Mit seinem Apell habe der Bürgermeister die Ebene des sachlichen und rationalen Diskurses verlassen, da die Meinungskundgabe durch die symbolische Handlung des Lichtlöschens die politische Missbilligung, der mit der Versammlung verfolgten politischen Ziele von „Dügida“ zum Ausdruck gebracht wird.

Merke:

Maßstab für das Handeln eines Bürgermeisters ist stets das Gebot der Sachlichkeit. Er darf nicht auf den politischen Meinungsbildungsprozess der Bürger Einfluss nehmen!

Unzulässig wäre bspw. die Empfehlung eines Bürgermeisters in den Sozialen Medien, eine bestimmte Person zu wählen (siehe auch weiter unten).

Äußerungen eines Bürgermeisters in Sozialen Netzwerken

Aber auch in den Sozialen Netzwerken können Äußerungen eines Bürgermeisters rechtswidrig sein. 
Wie das Verwaltungsgericht München (Beschl. v. 19.01.2015, Az. M 7 E 15.136) entschied, werden im Zweifel die Äußerungen eines (Ober-)Bürgermeisters auf seiner offiziellen Facebook-Seite dessen amtlicher Tätigkeit zugerechnet. In dem zugrunde liegenden Fall rief der Oberbürgermeister Münchens auf seiner Facebook-Seite zu einer Gegendemonstration gegen die „Bagida“ auf. Hier ging es um die Frage, ob die Facebook-Seite auch der amtlichen Funktion zugeordnet werden konnte. Dies bejahte in diesem Fall das Gericht, da die Facebook-Seite überwiegend der Selbstdarstellung als Oberbürgermeister diene. Private Inhalte seien nicht vorhanden. Auch das Impressum verweise lediglich auf eine Internetseite des offiziellen Stadtportals und enthält keine private Anschrift. 

Dies gilt ebenso für den Twitter-Account. Erst kürzlich musste der Berliner Verfassungsgerichtshof (Urt. v. 20.02.2019, Az. VerfGH 80/18) darüber entscheiden, ob ein Tweet des regierenden Berliner Bürgermeisters Michael Müller rechtswidrig war. Über den Kurznachrichtendienst Twitter sendete er folgenden Tweet ab: 

„Zehntausende in #Berlin heute auf der Straße, vor dem #BrandenburgerTor und auf dem Wasser. Was für ein eindrucksvolles Signal für Demokratie und #Freiheit, gegen Rassismus und menschenfeindliche Hetze".

Dies geschah im Rahmen einer Protestaktion gegen eine parallel stattfindende Demonstration der AfD. Diese sah sich dadurch in ihrem aus Art. 21 GG gegeben Recht auf Chancengleichheit verletzt. Das Gericht wies jedoch den Antrag der Partei ab, da jeglicher Bezug zur AfD fehle, da dieser weder eine Kollektivbezeichnung, für welche die AfD stünde, noch eine andere sprachliche Anspielung enthalte. Zwar sei der Tweet der amtlichen Funktion des Bürgermeisters zuzurechnen, dennoch sei das Recht auf Chancengleichheit nicht verletzt. Zudem gebe der Tweet, indem er gegen Rassismus und menschenfeindliche Hetze aufruft, lediglich die Regierungsposition wieder.

Empfehlung für die Amtsträger und Bürgermeister in Deutschland

Das Amt des Bürgermeisters bringt viel Verantwortung mit sich. Gerade mit Blick auf das politische Tagesgeschehen kann es geschehen, dass eine Äußerung schnell mal den Grad an Neutralität und Sachlichkeit überschreitet. Hier sollten die Amtsträger besondere Aufmerksamkeit walten lassen. Wichtig ist es, stets die Privatperson von dem Amtsträger zu trennen. Für den Bürgermeister als Privatperson gelten weder das Neutralitäts- noch das Sachlichkeitsgebot. Wann es sich jeweils um eine amtliche oder private Äußerung handelt, wird anhand der Form und der äußeren Umstände abgegrenzt. So können insbesondere im privaten Bereich getätigte Aussagen nur schwer dem amtlichen Bereich zugeordnet werden. Eindeutig dem amtlichen Bereich zugerechnet werden Äußerungen, die ausdrücklich in der Funktion als Amtsträger getätigt werden. Das wird angenommen, wenn ein Medium verwendet wird, welches zur Gemeinde gehört – wie z.B. die Website oder der Facebook-Account der Gemeinde. Handelt es sich hingegen um den privaten Account der Person des Bürgermeisters, muss geprüft werden, ob dieser rein privat oder auch für amtliche Zwecke genutzt wird. Ausschlaggebend können hier ein Impressum, die "Unterschrift ("Der Bürgermeister") aber auch die Inhalte der Posts und die Verwendung bestimmter Bilder sein. 

Daher ist stets zu hinterfragen, in welcher Sphäre sich der Amtsträger äußert. Als Amtsträger ist die Einhaltung des Neutralitäts- sowie des Sachlichkeitsgebots besonders wichtig. Gerade in Zeiten eines Wahlkampfes oder wenn andere politische Parteien betroffen sind, müssen an das Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot strengere Anforderungen gestellt werden. Dies sollte stets beachtet werden.

Was Presse und Medien beachten sollten, wenn es um den Bürgermeister geht

Presse und Medien sollten immer unterscheiden, ob sie über den Bürgermeister in seiner amtlichen Funktion berichten oder ob es um Aussagen des Bürgermeisters geht, die dieser gerade nicht in seiner amtlichen Funktion von sich gegegeben hat.

So ist es zulässig, wenn ein Bürgermeister auf einer öffentlichen Veranstaltung einen anderen Bürgermeister als "Schwachkopf" betitelt und die Presse dies als Zitat in einem Pressebericht wiedergibt:  

 

Bürgermeister N betitelte Bürgermeister O auf der Wahlkampfveranstaltung als "Schwachkopf"

 

Anders sieht es aus, wenn sich die beiden Bürgermeister auf einer privaten Feier streiten und der N den O als "Schwachkopf" betitelt. Hier dürfte es bereits an einem öffentlichen Informationsinteresse fehlen, da sich beide nicht in ihrer Funktion als Bürgermeister geäußert hätten.

Anders darf die Presse gerade darüber berichten, wenn der Bürgermeister seine Kompetenzen überschreitet und sich bspw. über die Sozialen Medien zu Themen äußert, die nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fallen oder unsachlich sind oder politisch nicht neutral.

Ansprechpartner

Karsten Gulden

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

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+49-6131-240950

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