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Rassistische Beleidigung
Wann liegt eine – rassistische – Beleidigung vor?

Veröffentlicht am

In einem vorherigen Artikel haben wir uns bereits mit der Beleidigung allgemein als ehrverletzende und strafbare Äußerung auseinandergesetzt. Ein spezieller Fall ist die rassistische Beleidigung, die die Ehre besonders schwer verletzt. Wann die Rechtsprechung die Beleidung als rassistisch qualifiziert, möchten wir hier erklären. Darf ein Mensch abfällig als „negru [schwarz]“ bezeichnet werden?

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Rassismus – was versteht man rechtlich darunter?

In der Rechtswissenschaft spricht man von der sog. „rassistischen Diskriminierung“. Diese liegt immer dann vor, wenn eine Ungleichbehandlung oder Herabwürdigung einer Person aufgrund ihrer äußeren Erscheinung oder Zugehörigkeit zu einer Ethnie/Nationalität erfolgt.

Die Kurzformel:

Herabwürdigung einer Person, aufgrund eines äußerlichen Merkmals (z.B. Hautfarbe) oder der Herkunft.

Die rassistische Beleidung bezweckt also gerade die Herabwürdigung einer Person aufgrund dieser Merkmale.

Wann liegt eine – rassistische - Beleidigung vor?

Die häufigsten Fälle betreffen rassistische Diskriminierungen dunkelhäutiger Personen – also mit den Begriffen

Zuletzt berichteten wir über die Äußerung eines Betriebsratsmitglieds gegenüber eines dunkelhäutigen Kollegen mit den Worten Ugah, Ugah“.

Wie wir in dem oben erwähnten Beitrag bereits dargestellt haben, ist die Einordnung als Beleidigung bereits oft nicht trennscharf möglich. Auch hinsichtlich der rassistischen Beleidigung – bei der der rassistische Charakter noch hinzutreten muss – besteht die Rechtsprechung aus Einzelfallentscheidungen.

„Allgemeiner Sprachgebrauch und Zusammenhang der Äußerung sind entscheidend“

Wird ein Wort im allgemeinen Sprachgebrauch als diskriminierend verstanden, so sind die Äußerungen nicht zulässig. Ergibt sich der rassistische Charakter allerdings nicht schon hieraus, so entscheidet der Zusammenhang der Äußerung. Aus den Umständen der Äußerung muss sich der rassistische, herabwürdigende Charakter also ergeben.

Beispiel: Bezeichnung als „Ni**er“ (*gg)

Die Bezeichnung eines Menschen als „Ni**er“ (*gg) ist schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unzulässig.

Der Begriff „Ni**er“ wird ohne weiteres als rassistische Beleidigung gelten, denn mit diesem Begriff wird die Herabwürdigung eines dunkelhäutigen Menschen als minderwertig und nicht gleich ausgedrückt. Das ergibt sich bereits aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Eine Ausnahme kann sich lediglich im afro-amerikanischen Raum ergeben, wenn es sich um einen „Slang-Begriff“ handelt oder der Begriff in einem künstlerischen Zusammenhang fällt (Rap-Songs bspw.)

Ist „Hofnarr“ eine Beleidigung in rechtlicher Sicht?

Hintergrund der Äußerung von Olaf Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz geriet wegen einer unbedachten Bemerkung über den Berliner CDU-Politiker Joe Chialo in die Kritik. Auf einer privaten Feier bezeichnete er Chialo als „Hofnarr“. Diese Äußerung wurde von einigen als beleidigend und sogar rassistisch aufgefasst. Der Begriff „Hofnarr“ ist historisch belastet und hat eine besondere Bedeutung, die in der Diskussion eine Rolle spielt.

Die Bedeutung des Begriffs „Hofnarr“

Im Mittelalter war der Hofnarr ein wichtiger Bestandteil eines Hofstaates. Er hatte die besondere Freiheit, Kritik am Herrscher zu üben, was ihm durch seine „Narrenfreiheit“ gestattet war. Der Hofnarr sollte nicht nur für Unterhaltung sorgen, sondern auch den Herrscher an die Vergänglichkeit und die Möglichkeit des Fehlens erinnern. Dabei durfte er Dinge aussprechen, die anderen am Hof nicht erlaubt waren. Historisch gesehen war der Hofnarr also eine Figur, die oft intellektuell und scharfsinnig war, obwohl er eine vermeintlich „niedrigere“ Stellung einnahm.

Ist der Begriff „Hofnarr“ eine Beleidigung?

Ob „Hofnarr“ in diesem Kontext eine Beleidigung darstellt, hängt von der Interpretation des Begriffs ab. Die Verwendung des Begriffs „Hofnarr“ könnte je nach Zusammenhang unterschiedliche Bedeutungen haben. Einerseits könnte er als humorvolle Bemerkung gemeint sein, die in der Tradition des Narren als jemand verstanden wird, der in der Lage ist, Gesellschaft und Autorität zu hinterfragen. Andererseits könnte er als Herabsetzung einer Person wahrgenommen werden, die als weniger ernst genommen oder als nicht ernsthaft respektiert angesehen wird.

Der Vorwurf des Rassismus

Ein wichtiger Aspekt der Kritik an Scholz' Äußerung ist der mögliche rassistische Unterton. Der Pressesprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, Tahir Della, erklärt, dass der Begriff „Hofnarr“ in diesem Fall möglicherweise verwendet wurde, um Chialo, der selbst wiederholt Ziel rassistischer Angriffe war, als weniger kompetent oder ernst zu nehmend darzustellen. In diesem Kontext könnte die Bemerkung durchaus als rassistisch empfunden werden, da die schwarze Person in diesem Fall auf ihre Aussagen und Fähigkeiten herabgesetzt wird
Rechtliche Sicht

Ob die Bezeichnung „Hofnarr“ in diesem Fall eine rechtlich relevante Beleidigung darstellt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Eine Beleidigung im rechtlichen Sinne setzt voraus, dass eine Äußerung den Ruf einer Person in erheblichem Maße schädigt und herabwürdigt. In diesem Fall könnte es davon abhängen, wie der Begriff im spezifischen Kontext wahrgenommen wird. Wenn die Äußerung als abwertend und respektlos empfunden wird, könnte sie durchaus als Beleidigung gewertet werden, insbesondere wenn der rassistische Kontext eine Rolle spielt.

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Beispiel: Bezeichnung als „Neger“

Die Bezeichnung eines Menschen als „Neger“ ist nicht bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unzulässig.

Hier bedarf der Aussagegehalt regelmäßig einer Wertung anhand des Zusammenhangs.

Das LVerfG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 19.12.2019 –1/19) hat kürzlich entschieden, dass das Wort „Neger“ nicht zu den Begriffen zählt, die ausschließlich der Herabwürdigung dienen. Auch wenn es im allgemeinen Sprachgebrauch so verstanden wird, entscheidet diesbezüglich immer der Einzelfall. Der Äußernde Landtagsabgeordnete habe das Wort bewusst gewählt, um zu einer Debatte über politische Korrektheit beizutragen – so das Gericht.

Anders sah es zuvor noch das OLG Köln (Urteil vom 19. 1. 2010 - 24 U 51/09), das die Bezeichnung „Neger“ als eindeutig diskriminierend eingestuft hat. Die Äußerung eines AfD-Bundestagsabgeordneten, den Sohn eines Prominenten als „Halbneger“ zu bezeichnen, wurde durch das LG Berlin (Urteil vom 15.01.2019 – 27 O 265/18) als Formalbeleidigung eingestuft.

In beiden Verfahren haben die Äußernden „Anlass zu einem herabwürdigendem Urteil“ gegeben und sich im Zusammenhang abwertend geäußert. Besteht kein sachlicher Bezug zu einer politischen Auseinandersetzung, wird diese Äußerung wohl eher kritisch zu werten sein.

Beispiel: Bezeichnung als „Schwarzer“ – „Negro“

Die Bezeichnung eines Menschen als „Schwarzer“ oder „Negro/Negru“ ist für sich genommen zulässig, wenn nicht abwertend gemeint.

Aus dem allgemeinen Sprachgebrauch ergibt sich nicht ohne weiteres ein abwertender Charakter - weitere Umstände müssen hinzutreten. Nichts anderes gilt für den Begriff „Negro [schwarz]“, der stellvertretend für anderssprachige Bezeichnungen steht.

Wird der Begriff wertungsfrei – also lediglich feststellend verwendet, wird man den rassistischen Charakter verneinen können. Ist er abwertend gemeint, dann ist die Bezeichnung unzulässig. Die Bewertung erfolgt dann anhand der Umstände der Äußerung.

Empfehlung: herabwürdigende Äußerungen unterlassen

Gerade rassistische Äußerungen führen zu schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die die Betroffenen tiefgreifend verletzt. Die Toleranzschwelle der Betroffenen ist deshalb sehr niedrig und entspricht der Sensibilisierung der Bevölkerung hinsichtlich ethnischer Diskriminierungen.

Die Grenze der zulässigen Meinungsäußerung ist immer dann überschritten, wo sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch oder aus dem Zusammenhang ergibt, dass die Äußerung abwertend – also herabwürdigend gemeint war. Rassistische Diskriminierungen ergeben sich in vielen Fällen bereits aus der Wortbedeutung an sich.

Steht die Äußerung im inhaltlichen Zusammenhang zum Thema  „Rassismus“ oder ist die Äußerung Gegenstand politischer Debatten, so muss dies auch beachtet werden. Die Grenze zur Beleidigung ist immer dort überschritten, wo dieser sachliche Zusammenhang fehlt – der abwertende Charakter also im Vordergrund steht. Also immer dann, wenn ein neutraler Zuhörer die Äußerung als geschmacklos und unsachlich empfindet, spricht vieles dafür, die Äußerung als rassistisch und unzulässig einzustufen. Im Zweifel sollten jegliche, herabwürdigende Äußerungen unterlassen werden, insbesondere solche, die als rassistische Äußerungen ausgelegt werden können.

Ansprechpartner

Karsten Gulden

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

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