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Was ist eine antisemitische Beleidigung?

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Im Internet wird gerne gehetzt – auch wenn es um das Judentum geht. Hier stellt sich die Frage, wann eine solche Bezugnahme antisemitisch und damit unzulässig ist und was noch als Meinungsäußerung zulässig ist. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss (BVerfG 1 BvR 479/20) die Grenzen dargelegt.

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Wann liegt eine antisemitische Beleidigung vor?

Antisemitismus bedeutet pauschaler Judenhass, pauschale Feindschaft gegen das Judentum. Menschen, die sich dahingehend äußern und das friedliche Zusammenleben in Deutschland gefährden werden als Antisemiten bezeichnet. Von einer Beleidigung spricht man, wenn abfällig über eine Person gesprochen wird, die dadurch in ihrer Ehre verletzt wird.

In einem aktuellen Fall beschäftigte sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage, wann eine antisemitische Beleidigung vorliegt.

Ein Mann wandte sich gegen eine strafrechtliche Verurteilung wegen Volksverhetzung und Beleidigung an das höchste deutsche Gericht: Das Bundesverfassungsgericht. Grundlage der Verurteilung war ein im Internet öffentlich verbreiteter Artikel, in dem er den Vorsitzenden einer jüdischen Gemeinde als „frechen Juden-Funktionär“ bezeichnete. Gegen diese Verurteilung zog der Mann vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Das Gericht führte aus, dass durch die Verurteilung kein Verstoß gegen die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG vorliege. Grundsätzlich kann auch die Meinungsfreiheit durch allgemeine Gesetze eingeschränkt werden, die sich nicht gegen eine spezielle Meinung richten. Die Verurteilung wegen Volksverhetzung beruht auf § 130 Abs. 4 StGB.

Die Volksverhetzung soll im Kern Äußerungen unterbinden, die die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft verherrlichen und zum Hass anstacheln. Der Volksverhetzungsparagraf verbietet jedoch nicht eine bestimmte Meinung zum Judentum oder zum Nationalsozialismus. Jedoch betont das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung, dass - aufgrund der deutschen Vergangenheit - in Fällen antisemitischer Äußerungen geprüft werden müsse, ob die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden kann.

Dies bedeutet aber nicht, dass man pauschal keine Meinung zum Nationalsozialismus haben darf. Es muss im Einzelfall entschieden werden, ob Äußerungen noch unter Art. 5 Abs. 1 GG – die Meinungsfreiheit - fallen oder nicht. Fallen die Äußerungen hierunter sind sie zulässig. Für die Beurteilung, ob eine zulässige Meinung vorliegt kommt es auf zwei Dinge an:

  1. Geht es wirklich um den Austausch von Meinungen?
  2. Werden andere Menschen durch die Äußerungen verletzt oder gar der Frieden in der Gesellschaft gefährdet?

Maßgeblich für die Einstufung der Äußerung als antisemitisch ist der

  • Wortlaut – auch Bilder, Gesten und Mimiken können relevant sein –
  • und ihr unmittelbarer Kontext.

Dabei kommt es auch vor allem darauf an, ob sich die Äußerung mit der nationalsozialistischen Rassenideologie identifiziert, und damit zu einer Stigmatisierung und Hetze von Juden führen kann.

Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls kam das Bundesverfassungsgericht dann zu dem Ergebnis, dass die Aussage des Beschwerdeführers („frecher Judenfunktionär) nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt war.

Welche Rechtsfolgen hat die antisemitische Beleidigung?

Antisemitische Beleidigungen sind nicht zulässig.

Es ist zwischen den strafrechtlichen und den zivilrechtlichen Rechtsfolgen zu unterscheiden.

Wer antisemitische Beleidigungen ausspricht, kann sich gem. § 130 Abs. 4 StGB strafbar zu machen. Hiernach heißt es:

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

Daneben kommt noch eine Strafbarkeit wegen Beleidigung nach § 185 StGB in Betracht:

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Zivilrechtlich kommt auch einiges auf den Täter zu. Neben den Ansprüchen auf Unterlassung und Löschung, kommen Schadensersatzansprüche in Betracht. Darüber hinaus können die Opfer auch ein Schmerzensgeld/Geldentschädigung zugesprochen bekommen. Hinzu kommen die Anwalts- und Gerichtskosten sowie möglicherweise die Kosten für eine Abmahnung.

Antisemitische Äußerungen sind unzulässig

Antisemitische Äußerungen sind in der Regel unzulässig und auch strafbar. Äußerungen mit nationalsozialistischem Kontext als Provokation und Pointierung können schnell die Grenzen des geltenden Rechts überschreiten und antisemitisch sein. In diesem Fall kann und muss die Staatsanwaltschaft ermitteln. Außerdem sind die Täter zahlreichen zivilrechtlichen Ansprüchen ausgesetzt, die hohe Kosten verursachen.

Ansprechpartner

Karsten Gulden

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

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