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Der presserechtliche Auskunftsanspruch
Wer muss welche Auskünfte erteilen?

Veröffentlicht am

Presse und Medien haben einen Anspruch auf Auskunft gegen Behörden. Dieser Anspruch ermöglicht es Presse und Medien, ihre öffentliche Aufgabe zurüllen: Die Unterrichtung der Öffentlichkeit mit allen Informationen, die die Gesellschaft berühren und die Demokratie sichern („public watchdog of democracy“).

 


§ 5 - Öffentliche Aufgabe


Die Medien nehmen eine öffentliche Aufgabe wahr.

Dieser Anspruch gilt gegenüber Behörden.

Auch das ist im gleichen Gesetz geregelt:

§ 6 - Informationsrecht
(1) Die Behörden sind verpflichtet, den Medien die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu
erteilen.
(2) Auskünfte können verweigert werden, soweit
1. hierdurch die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder
gefährdet werden könnte,
2. Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen,
3. ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder
4. ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet.
(3) Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an Medien verbieten, sind unzulässig.
(4) Bei der Erteilung von Auskünften an Medien ist der Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten.

 


Das bedeutet, dass Presse und Medien, durch ihre Vertreter (m/w/d) wie Redakteure, Volontäre, freie Mitarbeiter Auskünfte verlangen können. Natürlich auch der Medienunternehmer selbst (Verleger oder Veranstalter). Presse und Medien müssen den Behörden nachweisen, dass sie von der Presse stammen. Sie müssen aber nicht im Detail mitteilen, was genau geschrieben werden soll.

Gegenüber privaten Unternehmen oder Privatpersonen gilt der Auskunftsanspruch nicht. Diese können Anfragen von Presse und Medien beantworten oder einfach ignorieren. Wer kein Interview geben will, darf hierzu nicht gezwungen werden. Presse und Medien dürfen aber darauf hinweisen, dass der Unternehmer bspw. kein Interview geben wollte.

Wer kann sich auf den presserechtlichen Auskunftsanspruch berufen?
Presse, Medien, Blogger

Zur Erfüllung ihrer Aufgabe als „public watchdog of democracy“ hat die Presse bzw. ihre Vertreter verschiedene Ansprüche auf Erteilung von Informationen gegen staatliche Stellen. Diese ergeben sich in der Regel aus ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen.

Darüber hinaus entnimmt die ständige Rechtsprechung der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG normierten Pressefreiheit einen weiteren Anspruch auf Auskunft gegen Behörden des Bundes. Diese Rechtsprechung hat den Hintergrund, dass die Länder nicht dazu befugt sind, zu regeln, unter welchen Voraussetzungen die Behörden des Bundes verpflichtet sind, Auskünfte zu erteilen. Häufig fehlen allerdings spezialgesetzliche Regelungen des Bundes bezüglich der Verpflichtung seiner Behörden zur Erteilung von Auskünften. Ohne diese Auskünfte kann die Presse jedoch ihre demokratische Informations- und Kontrollfunktion kaum effektiv erfüllen.

Auf der Grundlage des Anspruchs aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG können Pressevertreter deshalb, sofern kein spezialgesetzlicher Auskunftsanspruch wie § 1 Abs. 1 IfG besteht, in geeigneter Form behördliche Auskünfte von Bundesbehörden verlangen, soweit berechtigte schutzwürdige Interessen privater oder öffentlicher Stellen nicht entgegenstehen. Dabei entsprechen Voraussetzungen und Umfang des Anspruchs denjenigen der im Wesentlichen inhaltsgleichen Informationsansprüchen aus den einzelnen Landespressegesetzen.

Anspruchsberechtigte sind damit, entsprechend etwa § 12a des Landesmediengesetzes Rheinland-Pfalz (LMG), unter anderem Reporter, Nachrichtenagenturen, freie Journalisten, Verleger und Herausgeber, soweit sie die jeweiligen Auskünfte in ihrer Funktion als Presseangehörige und nicht als Private erfragen. Sofern die Behörden dies verlangen, hat sich der Anspruchsteller als Vertreter der Presse auszuweisen.

Welche Fragen sind erlaubt?
Welche Fragen muss die Behörde beantworten?

Der Anspruch kann von den Berechtigten durch eine hinreichend bestimmte Frage bezüglich eines oder mehreren konkreten Tatsachenkomplexe gegenüber allen organisatorischen Einheiten des Bundes geltend gemacht werden, in denen zur Wahrnehmung staatlicher Aufgaben öffentliche Mittel eingesetzt werden. Als Behörden gelten damit nicht nur Organe der Exekutive, sondern zur Gewährleistung der effektiven Aufgabenerfüllung der Presse auch Organe der Judikative und der Legislative, auch einzelne Abgeordnete. Darüber hinaus sind auch im bestimmenden Einfluss der öffentlichen Hand stehende Unternehmen zur Auskunft verpflichtet.

Die Erteilung der Informationen setzt stets voraus, dass diese bei der auskunftspflichtigen Stelle vorhanden sind.

Dies ist der Fall, wenn sie in elektronisch gespeicherten oder schriftlichen Akten oder Vorgängen enthalten sind, aber auch, wenn es sich auf dienstliche Vorgänge und Wahrnehmungen bezogene Informationen handelt, die nicht aktenkundig gemacht wurden. Im letzteren Fall hat die Behörde, sofern erforderlich, die zuständigen Mitarbeiter zu befragen, um so deren dienstliches Wissen zu erlangen. Ob es sich um dienstliches oder privates Wissen, welches von dem Auskunftsanspruch nicht erfasst ist, handelt, ist im konkreten Fall im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände, insbesondere des zeitlichen, räumlichen sowie inhaltlichen Zusammenhangs des Vorgangs mit der Dienstausübung, zu ermitteln.

Demgegenüber besteht der Auskunftsanspruch nicht, wenn sich die Behörde die begehrten Informationen selbst erst beschaffen müsste.

Sofern die Behörde vorbringt, die verlangten Informationen seien bei ihr nicht vorhanden, hat sie plausibel und konkret darzulegen,  dass und bei wem sie das Vorliegen von Informationen abgefragt hat und dass die Informationen nicht vorhanden sind.

Eingeschränkt wird der Anspruch nur, wenn sich im konkreten Fall ergibt, dass der Erteilung der Auskunft schutzwürdige private oder öffentliche Interessen an der Vertraulichkeit der Informationen entgegenstehen, die das Interesse der Presse bzw. das öffentliche Informationsinteresse überwiegen.

Dabei darf und muss die Presse selbst entscheiden, ob und in welchem Maße an der begehrten Information ein öffentliches Interesse besteht. Den staatlichen Stellen ist es aufgrund der für eine funktionierende Demokratie unerlässlichen Freiheit der Presse verwehrt, über den Wert der Information mit zu entscheiden und auf diese Weise mittelbar auf den Publikationsinhalt Einfluss zu nehmen.

Wann dürfen Behörden die Auskunft verweigern?
Grundsatz zur Erteilung der Auskunft

Der Presse steht grundsätzlich ein Recht auf Auskunftserteilung zu. Behörden sind zur Erteilung der Auskunft verpflichtet. 

Vom Grundsatz der Auskunftserteilung gibt es Ausnahmen gemäß § 12 a LMG RLP

(2) Auskünfte können verweigert werden, soweit

1.

hierdurch die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte,

2.

Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen,

3.

ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder

4.

ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet.

 

In der Praxis wird am häufigsten die Ziffer 3. angewendt.

Hier muss dann aber eine Abwägung stattfinden. Der pauschale Hinweis, dass die Interessen anderer Menschen betroffen sein könnten, hebelt den Anspruch auf Auskunft nicht aus.

Etwas anderes würde nur gelten, wenn ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Erforderlich ist insoweit eine Abwägung des Informationsinteresses der Presse mit den gegenläufigen schutzwürdigen Interessen im Einzelfall. Entscheidend ist, dass dem Informationsinteresse der Presse keine schutzwürdigen Interessen von solchem Gewicht entgegenstehen, die den Anspruch auf Auskunft ausschließen (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 10. Juni 2022 – 27 L 36/22 –, beck-online, Rn. 7, m.w.N.).

 

Entsprechend etwa § 12a Abs. 2 LMG kann der Anspruch zum einen abgelehnt werden, wenn durch die Erteilung der Information die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens, also ein geregelter Vorgang im Bereich der Behörde, vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte. Dabei muss aber ersichtlich sein, weshalb das Verfahren durch die Auskunft beeinträchtigt wird.

Zum anderen kann der Anspruch abgelehnt werden, wenn der Erteilung Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen, es sich also um Informationen handelt, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung ein berechtigtes Interesse besteht.

Darüber hinaus besteht ein Ablehnungsgrund, wenn durch die Auskunftserteilung ein überwiegendes öffentliches Interesse oder schutzwürdige private Interesse verletzt wird, etwa das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Dabei ist jedoch stets eine nachvollziehbare Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Allgemeinheit und dem der Auskunft entgegenstehenden Interesse notwendig.  

Sofern kein Grund besteht, den Antrag abzulehnen, ist die Behörde verpflichtet, die Information wahrheitsgemäß zu erteilen. Sie darf insbesondere auch keine relevanten Tatsachen verschweigen. Die Form der Erteilung der Information liegt im Ermessen der Behörde – möglich sind etwa neben Pressekonferenzen und amtlichen Pressemitteilungen auch schriftliche Berichte oder die Übermittlung von Aktenauszügen bzw. Ermöglichung der Akteneinsicht. Der Zeitpunkt der Informationserteilung ist abhängig vom Einzelfall. In jedem Fall ist die Information so rechtzeitig zu erteilen, dass die Presse bzw. der Pressevertreter seiner Aufgabe als „public watchdog of democracy“ angemessen nachkommen kann. 

Behörde will keine Auskunft erteilen
Klage auf Auskunft

Es kommt in der Praxis immer wieder vor, dass Behörden keine Auskünfte erteilen wollen - dies aus unterschiedlichen Gründen.

Presse und Medien können den Anspruch auf Auskunft dann gerichtlich einklagen.

Im Falle der Ablehnung des Auskunftsbegehrens durch die Behörde kann der Anspruch gerichtlich vor dem Verwaltungsgericht geltend gemacht werden, an dem die Behörde ihren Sitz hat, § 52 Nr. 5 VwGO. Aufgrund der langen Dauer der im Hauptsacheverfahren zu erhebenden Klage auf Verpflichtung der Behörde zur Erteilung der Auskunft durch das Gericht bzw. der Klage auf Verpflichtung der Behörde, den Antrag auf Auskunftserteilung erneut zu bescheiden, empfiehlt sich in eilbedürftigen Fällen, in denen ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vorliegen, ein Vorgehen im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO.  

 

Ansprechpartner

Karsten Gulden

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

[email protected]
+49-6131-240950

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