Unterlassung, Gegendarstellung, Widerruf und Richtigstellung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen
Unterlassungsanspruch
Der Unterlassungsanspruch ist das Mittel der Wahl, wenn gegen einen Beitrag in Presse und Medien vorgegangen werden soll, der kurz davor ist, veröffentlicht zu werden. Der Anspruch kann sowohl bei unwahren Tatsachenbehauptungen als auch bei rufschädigenden Meinungsäußerungen geltend gemacht werden. Weitere Voraussetzung ist eine Erstbegehungsgefahr. Dann muss der Betroffene bereits vor der Veröffentlichung konkrete Kenntnis von einem Artikel haben, der dessen Persönlichkeitsrecht verletzt. Mit anderen Worten: Es muss zweifelsfrei feststehen, dass der Beitrag veröffentlicht werden soll.
Ist der rechtsverletzende Artikel bereits veröffentlicht, so kann ebenfalls ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass eine sogenannte Wiederholungsgefahr vorliegt, also die Gefahr, dass sich die Rechtsverletzung wiederholt. Diese Gefahr der Wiederholung wird grundsätzlich vermutet, wenn Presse und Medien einen Beitrag veröffentlichen. Eine solche Wiederholungsgefahr wird durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt. Presse. Medien und Journalisten werden dann im Rahmen einer anwaltlichen Abmahnung aufgefordert, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Bei Verstoß gegen die Unterlassungserklärung droht bei einer anwaltlichen Unterlassungserklärung die Zahlung einer Vertragsstrafe.
Gegendarstellung
Wird ein Beitrag veröffentlicht, der (unwahre) Tatsachen enthält, kann der unmittelbar Betroffene vom Verlag den Abdruck einer Gegendarstellung verlangen, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind.
Eine Gegensdarstellung kann nur gefordert werden, wenn
- es um Tatsachenbehauptungen in der Erstmitteilung geht
- die Entgegnung sich auf die Tatsachenbehauptungen der Erstmitteilung beschränkt
- die Gegendarstellung einen angemessenen Umfang hat
- und keinen strafbaren Inhalt aufweist
- der Antragsteller selbst unmittelbar betroffen ist
Zudem muss die Gegendarstellung den presserechtlichen Anforderungen entsprechen. Hier werden in der Praxis sehr viele Fehler gemacht, so dass die meisten Gegendarstellungen nicht abgedruckt werden müssen (Beispiel: fehlende Unterschrift des Betroffenen).
Weitere Fakten zur Gegendarstellung:
Es kommt bei der Gegendarstellung weder auf die Wahrheit/Unwahrheit an, noch auf die Rechtmäßigkeit/Rechtswidrigkeit der Berichterstattung an.
Sinn und Zweck der Gegendarstellung ist vielmehr das Gebot der Sicherstellung gleicher publizistischer Wirkung und die vollständige Information der Öffentlichkeit.
Die Gegendarstellung enthält die Entgegnung des Betroffenen auf die ihn betreffende Berichterstattung. Unverzüglich nach Kenntnisnahme muss der Betroffene ein Aufforderungsschreiben an den Redakteur und den Verlag samt druckreifer Gegendarstellung übermitteln.
Das Recht auf Gegendarstellung ist in den Pressegesetzen der Länder geregelt. Im Landesmediengesetz Rheinland Pfalz gewährt § 11 Abs. 1 dem Betroffenen einen grundsätzlichen Anspruch auf Gegendarstellung. Wie sich aus § 11 Abs. 3 Nr.1 LMG (Landesmediengesetz) ergibt, ist allerdings ein „berechtigtes Interesse“ des Betroffenen Voraussetzung.
Ein Anspruch auf Gegendarstellung kann nur bei periodischen Druckwerken (auch online) bestehen. Die Grenze wird hierbei bei sechs Monaten zwischen den Erscheinungsdaten gezogen. Anspruchsberechtigter ist nur, wer unmittelbar Betroffener ist und ein berechtigtes Interesse an der Gegendarstellung hat. Hierzu zählen Personen genauso wie Stellen (v.a. Behörden).
Betroffen ist derjenige, in dessen Interessensphäre eingegriffen wird und der dadurch individuell, nicht bloß generell, berührt wird (BVerfG NJW 1998, S.1383).
Gegenstand einer Gegendarstellung können nur Tatsachenbehauptungensein. Diese unterscheiden sich von Werturteilen durch die Nachprüfbarkeit von Tatsachen. Meinungsäußerung sind dagegen nur subjektive Äußerungen ohne Beweiswert. Anspruchsverpflichtet sind der verantwortliche Redakteur und der Verleger, der die Mitteilung veröffentlicht hat.
Widerruf
Mit dem Widerruf erklären Presse und Medien, dass sie falsch berichtet haben und dies widerrufen.
In Abgrenzung zur Gegendarstellung besteht dieser Anspruch nur, wenn die zu widerrufende Tatsachenbehauptung
- nachweislich unwahr ist und zu einer
- schweren Rufschädigung führt
- die immer noch andauert
Der Anspruch zur Gegendarstellung besteht grundsätzlich unabhängig hiervon.
Rechtsgrundlage ist § 1004 Abs.1 S.1 i.V.m. § 823 Abs.1, 2 BGB. Geschütztes Rechtsgut ist auch hier das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Person über die berichtet wird.
Derjenige, der den Anspruch auf Widerruf geltend macht, muss hierbei beweisen, dass es sich bei der Äußerung um eine unwahre Behauptung handelt. Hierdurch muss der Betroffene der Berichterstattung in seinen Rechten verletzt worden sein.
Die Unwahrheit der Tatsache muss zum Zeitpunkt der Äußerung feststehen. Diese Voraussetzung lässt sich häufig nur schwer vom Anspruchsteller beweisen. Als scharfes Schwert des Presserechts ist zudem erforderlich, dass kein berechtigtes Interesse des Verletzers zur Tatsachenbehauptung bestand. Das kann der Fall sein, wenn Presse und Medien über Dinge berichten, die die Gesellschaft berühren. Schlussendlich muss ein Widerruf auch immer noch verhältnismäßig sein. Es muss dann geprüft werden, ob nicht ein milderes Mittel ausreicht, um den Verstoß zu beseitigen. Eini milderes Mittel könnte eine ergänzende Berichterstattung darstellen oder eine Richtigstellung oder Klarstellung.
Anspruchsverpflichtet ist derjenige, der die unwahre Tatsache behauptet hat und auch derjenige, der die Behauptung verbreitet. Im Rahmen des Widerrufs muss dann im gleichen Medium, in dem die unwahre Tatsachenbehauptung veröffentlicht wurde, der objektiv richtige Sachverhalt veröffentlicht werden.
Beispiel eines Widerrufs:
Fall: es wird wie folgt berichtet: "Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Unternehmer XY wegen Steuerhinterziehung", obwohl die Staatsanwaltschaft überhaupt nicht gegen den Unternehmer ermittelt, so könnte dieser von dem Verlag den Abdruck eines Widerrufs verlangen. Dieser könnte wie folg aussehen:
Widerruf
In der Ausgabe unserer Zeitung vom ….haben wir behauptet, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Unternehmer XY wegen Steuerhinterziehung ermittelt. Diese Behauptung widerrufen wir hiermit als unwahr. Der Verlag.
Hinweis:
Wird lediglich falsch berichtet, dass wegen Steuerhinterziehung anstatt wegen eines anderen Delikts wie bspw. Unterschlagung ermittelt wird, kann eine Richtigstellung gefordert werden, nicht aber ein Widerruf. Die Richtigstellung wäre dann das mildere Mittel.
Richtigstellung
Die Richtigstellung spielt eine große Rolle in der Praxis und immer dann einschlägig, wenn die Veröffentlichung nur zum Teil unwahr ist oder einen falschen Eindruck erweckt. Meist stellt sich der Fehler erst im Nachhinein heraus. Dann kann kein Widerruf gefordert werden, aber eine Richtigstellung. Presse und Journalisten haben sogar die Pflicht, einen Bericht zu korrigieren, wenn sie nach der Veröffentlichung des Fehler bemerken, unabhängig davon, ob der Betroffene dies fordert.
Die Pflicht zur freiwilligen Korrektur lässt sich aus den journalistischen Sorgfaltspflichten ableiten. Um der Pflicht zur Richtigstellung vollumfänglich nachzukommen ist es dann auch erforderlich, darauf hinzuweisen, dass die Meldung teilweise bzw. vollständig falsch war und sodann den berichtigten Sachverhalt wiederzugeben.
Urteilsveröffentlichungsanspruch
Der Urteilsveröffentlichungsanspruch ist ein Sonderrechtsbehelf, der aus dem Wettbewerbsrecht stammt. Im Zusammenhang mit Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat der BGH - seit der Oberfaschist Entscheidung 1987 (BGH GRUR 1987, 189) - einen Veröffentlichungsanspruch grundsätzlich bejaht.
Voraussetzung, um einen Urteilsveröffentlichungsanspruch geltend zu machen, ist ein Unterlassungsanspruch des Verletzten gegen denjenigen, der die Rechtsverletzung begangen hat.
Im Unterschied zu den oben genannten Ansprüchen bei Tatsachenbehauptungen ist der Urteilsveröffentlichungsanspruch grundsätzlich nur bei Meinungsäußerungen einschlägig.
Der Anspruch kommt also immer dann zum Zuge, wenn eine Meinungsäußerung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzt. Dies ist beispielsweise bei Schmähkritikder Fall. Als weitere Voraussetzung muss diese rufschädigende Meinungsäußerung dann auch noch einen größeren Leserkreis zugänglich gewesen sein (bei den einschlägigen Massenmedien ist dies unproblematisch gegeben). Des Weiteren muss der Berechtigte auch ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung haben. Ein solches nimmt beispielsweise immer mehr ab, je länger die Rechtsverletzung zurückliegt. Schlussendlich muss auch hier an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gedacht werden. Eine Veröffentlichung soll gerade nicht zur bloßen Befriedigung des Verletzten gelten, sind andere weniger einschneidende Maßnahmen gleich effektiv, um den Betroffenen zu rehabilitieren, so sind diese vorrangig.
Durchsetzung der Ansprüche bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts
Als Betroffener einer unwahren Tatsachenbehauptung oder einer rufschädigenden Meinungsäußerung ist es wichtig, rasch zu reagieren, Grund hierfür ist, dass die presserechtlichen Ansprüche alle dann geltend gemacht werden müssen, solange der Sachverhalt noch aktuell ist. Oftmals ist es für den juristischen Laien schwierig, zwischen einer Meinungsäußerung oder einer Tatsachenbehauptung zu unterscheiden. Dies ist allerdings Grundvoraussetzung für die Wahl des richtigen Weges. Auch bei den formalen Voraussetzungen der Ansprüche können Fehler gemacht werden. Wird hier nicht sorgfältig gearbeitet, können die Anspruchsgegner das Begehren zurückweisen. Aufgrund des Zeitdrucks bieten sich außergerichtlich die Aussprache einer Abmahnung und zur prozessualen Durchsetzung der Ansprüche die einstweilige Verfügung an. Im Gegensatz zum Klageverfahren reicht es hierbei aus, wenn die Anspruchsvoraussetzungen glaubhaft gemacht werden.
Karsten Gulden
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator
Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator