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Live-Streaming auf Periscope
Darf man über Periscope Live-Streaming machen?

Veröffentlicht am

Live-Streaming ist das nächste große Ding, nicht nur in der täglichen Anwendung, sondern auch im rechtlichen Bereich. Mit den Streaming-Apps wie Periscope, Meerkat und YouNow kann man live on air aus seinem Leben berichten, die Hochzeit des besten Freundes ausstrahlen, den Hausbrand um die Ecke übertragen oder Pay-TV im Gratis-Stream anbieten. So einfach wie die Streaming-Apps zu installieren und zu bedienen sind, so zahlreich sind die möglichen Rechtsverletzungen insbesondere aus den Bereichen Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht (Recht am eigenen Bild) und Rundfunkrecht. Im folgenden Artikel widmen wir uns der urheberrechtlichen Problematik.

Live-Streaming und das Urheberrecht
Übertragung von Pay-TV Angeboten

Für den Boxkampf Pacquiao - Mayweather mussten die Pay-TV Nutzer sowohl in den USA (HBO - 90 bis 100 $) und in Deutschland (SKY - 30 €) tief in die Tasche greifen. Nicht jeder war gewillt, solche Summen für eine TV-Übertragung zu zahlen. Zahlreiche Periscope und Meerkat User haben über ihre Streaming-App den Boxkampf Dritten live und kostenlos zur Verfügung gestellt. Dieses Phänomen konnte schon bei der Premiere der ersten Folge der aktuellen fünften Staffel der Erfolgsserie Game of Thrones beobachtet werden.

Ist die Übertragung von Pay-TV Angeboten per Live-Streaming eine Urheberrechtsverletzung?

Klare Antwort! Ja, wer per Periscope, Meerkat, YouNow oder einer anderen Live-Streaming-App Dritten Pay-TV Angebote wie bspw. SKY und HBO oder sonstige urheberrechtlich geschützte Dateien wie bspw. Kinofilme aus dem Kino überträgt begeht eine Urheberrechtsverletzung. Vorliegend wird gem. § 20 UrhG in das Senderecht des Pay-TV Anbieters eingegriffen.

„§ 20 Senderecht - Das Senderecht ist das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“

Wer im Rahmen eines Live-Streams GEMA geschützte Musik abspielt, ohne dass er die hierfür notwendige GEMA Lizenz erworben hat, verstößt ebenfalls gegen § 20 UrhG. Auch in der unlizenzierten Übertragung eines Kinofilms oder in der Übertragung eines DVD / BlueRay -Films / TV-Serie per Streaming-App stellt einen Eingriff in das Senderechts des Rechteinhabers dar.

Welche Folgen hat diese Urheberrechtsverletzung?

Eine solche Urheberrechtsverletzung wird in der Regel zivilrechtlich und im Worst Case sogar strafrechtlich verfolgt.

1. § 106 UrhG - Strafrechtliche Ahndung   

„§ 106 Abs. 1 - Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Zu einer Gefängnisstrafe kommt es bei solchen Verstößen in der Regel, insbesondere beim erstmaligen Verstoß nicht. Eine Einstellung gegen Auflage (Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung) oder ein Strafbefehl mit Geldstrafe kann durchaus die Folge sein.

2. § 97 UrhG - Zivilrechtliche Ahndung

„§ 97 (1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

§ 97 (2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.“

Der geschädigte Rechteinhaber (Pay-TV Sender, Filmstudio, GEMA, etc.) kann den Anbieter des Live-Streams, also den Nutzer von Meerkat, Periscope, YouNow und Co, der mit seinem Handy das Ereignis filmt und per Streaming-App live überträgt, per Abmahnung oder einstweilige Verfügung auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Daneben kann der Geschädigte er Auskunft und insbesondere Schadensersatz und die angefallenen Anwaltskosten gegenüber dem Verletzer geltend machen. Der Schadensersatz wird in der Regel im Wege der fiktiven Lizenzgebühr ermittelt. Hier können schnell mehrere tausend Euro zusammenkommen.

Ist das Anschauen einer solchen Übertragung eines Pay-TV Angebots eine Urheberrechtsverletzung?

Diese Frage kann man aktuell weder mit einem klaren JA noch mit einem klaren NEIN beantworten, wir befinden uns sprichwörtlich in einem Graubereich. Im Zuge von Kinox.to und der RedTube Abmahnwelle wurde diese Thematik ausführlich diskutiert und erste unterinstanzliche Urteile gesprochen, die in dem Betrachten eines solchen Streaming-Angebotes keine Urheberrechtsverletzung sehen. Ein EuGH-Urteil geht auch in diese Richtung. Die wohl aktuell herrschende Meinung in der Rechts-Theorie geht von keiner Urheberrechtsverletzung aus. Dies kann man aber auch anders sehen und durchaus plausibel argumentieren. Bisher existiert noch keine höchstrichterliche Entscheidung dazu, so dass bezüglich dieser Frage noch keine absolute Sicherheit besteht. Ich persönlich bin der Auffassung, dass es sich hierbei um keine Urheberrechtsverletzung handelt.

Rechtliche Einschätzung

Daneben schätzen wir aktuell die Gefahr auch als gering ein, tatsächlich erwischt zu werden, falls es sich doch um eine Urheberrechtsverletzung handeln sollte, da man im Gegensatz zum Filesharing per P2P aktuell nicht mit legalem Mitteln ermittelt werden kann. Zumindest ist uns ein solch legales Verfahren nicht bekannt.

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Fazit

Wer Live-Übertragungen  per Streaming-Apps wie Periscope, Meerkat, YouNow und Co. von Pay-TV Angeboten wie einem Boxkampf, Fussball-Spiel oder einer TV-Serie wie Games of Thrones anbietet, begeht schlicht und ergreifend eine Urheberrechtsverletzung die sowohl zivil- als auch strafrechtlich verfolgt werden kann.

"Live-Streaming kann das neue Filesharing werden"

Wer sich „nur“ einen solchen Live-Stream anschaut, begeht wohl nach der herrschenden Meinung keine Urheberrechtsverletzung, befindet sich aktuell aber noch in einem nicht abschließend geregelten Graubereich. Die Frage, ob das Betrachten eines Fussballspiels oder insbesondere einer epischen Breitwand-TV-Serie wie Game of Thrones auf dem Smartphone-Display wirklicher Werkgenuss darstellt, lassen wir mal außen vor. Das muss jeder für sich selbst beantworten.

Ansprechpartner
Rechtsanwalt Tobias Röttger, LL.M.

Tobias Röttger

Rechtsanwalt für Urheber- und Medienrecht

Rechtsanwalt Tobias Röttger, Medienrecht LL.M. – zertifizierter Datenschutzbeauftragter

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