In unserem Artikel „Warum sollte man eine Marke anmelden lassen?“ haben wir uns ausführlich damit auseinander gesetzt, warum es für euch Sinn macht, eine Marke anzumelden. Ihr habt endlich eine tolle Marke gefunden, diese angemeldet oder anmelden lassen und das Markenamt hat diese auch eingetragen. Im Anschluss werdet ihr von einem anderen Markeninhaber darauf „hingewiesen“, dass eure Marken kollidieren oder ihr stellt fest, dass eine jüngere Marke mit eurer Marke kollidiert – ein langwieriger und kostenintensiver Streit ist vorprogrammiert, insbesondere wenn die Rechtslage nicht eindeutig ist. Nicht zwangsläufig, mittels einer Abgrenzungsvereinbarung oder Vorrechtsvereinbarung besteht die Möglichkeit, dass ihr die Angelegenheit mit diesem „Nichtangriffspakt“ auch außergerichtlich und wesentlich schneller, geld- und nervensparender erledigen könnt.
Ansprechpartner Tobias Röttger, LL.M. Medienrecht
Rechtsanwalt & Gesellschafter von gulden röttger rechtsanwälte
Abgrenzungsvereinbarungen und Vorrechtsvereinbarungen sind, auf dem Gebiet des Markenrechts, zivilrechtliche Verträge zwischen den streitenden Parteien, in denen die Nutzung einer Marke oder eines Zeichens, über das gestritten wird, geregelt wird. Mit der Abgrenzungsvereinbarung bzw. Vorrechtsvereinbarung wird ein Markenrechtsstreit beigelegt oder es wird ein solcher im Vorfeld verhindert.
Beratung zur Abgrenzungsvereinbarung im Markenrecht notwendig?
Inhalt Abgrenzungsvereinbarung und Vorrechtsvereinbarung
Der Inhalt bestimmt sich nach dem Willen der streitenden Parteien. Es geht gerade darum, dass eine Regelung für einen ganz bestimmten Streitgegenstand (Marke, Zeichen etc.) getroffen wird, ohne dass darüber hinaus vertragliche Verbindungen oder ähnliche Verpflichtungen begründet werden sollen.
Ziel einer Abgrenzungsvereinbarung ist, dass beide Parteien das streitige Zeichen oder die Marke gleichzeitig und nebeneinander nutzen dürfen, ohne vom jeweils anderen auf Unterlassung oder Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, erlegen sich die Parteien wechselseitige Beschränkungen bzgl. des Marken- / Zeichengebrauchs auf. Beispiel:
die Nutzung des Zeichens selbst wird eingeschränkt – eine typische Regelung ist, dass das Zeichen nur mit bestimmten Zusätzen verwendet werden darf
Beschränkung des Nutzungsgebietes – Bspw. die prioritätsjüngere Marke darf nur in Österreich und der Schweiz, jedoch nicht in Deutschland verwendet werden
Beschränkung der Waren- und / oder Dienstleistungsklassen – bspw. der Markeninhaber der prioritätsjüngeren Marke muss auf einzelne Dienstleistungen / Waren verzichten
Bei der Vorrechtsvereinbarung verpflichtet sich nur eine Partei zu Einschränkungen hinsichtlich der Markennutzung, in der Regel der Inhaber der prioritätsjüngeren Marke. Im Gegenzug verzichtet die andere Partei, in der Regel der Inhaber der prioritätsälteren Marke, bei der Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen auf Angriffe (Abmahnungen, Klagen, etc.).
Die Abgrenzungs- oder Vorrechtsvereinbarung wirkt jedoch nur zwischen den Parteien und nicht gegenüber Dritten, so dass entsprechende Vertragsklauseln erforderlich sind, wonach auch die Rechtsnachfolger einer Vertragspartei an die Abgrenzungs- / Vorrechtsvereinbarung gebunden sind.
Warum eine Abgrenzungsvereinbarung bzw. Vorrechtsvereinbarung abschließen?
Der erste Grund ist simpel und gleichzeitig elementar: Kosten und Zeit.
Die Kosten für ein gerichtliches Verfahren liegen schnell im fünfstelligen Bereich und eine Garantie vor Gericht zu obsiegen gibt es nicht. Hinzu kommt, dass sich Markenrechtsstreitigkeiten vor den Markenämtern im Rahmen des Widerspruchsverfahrens oder vor Gericht über Monate, häufig sogar über Jahre hinziehen können.
Obgleich es natürlich die Möglichkeit gibt im Rahmen eines vorgerichtlichen Widerspruchsverfahrens gegen eine Markenrechtsverletzung vorzugehen, verursacht auch dieses Kosten und eine endgültige Rechtsklarheit schafft es häufig ebenso wenig, zumal die Gegenpartei eine Eintragungsbewilligungsklage anstreben kann und man so ganz schnell doch wieder im eigentlich nicht gewollten gerichtlichen Verfahren steckt.
Zudem führen die Urteile und Entscheidungen selbst für den obsiegenden Markeninhaber nicht immer zu dem gewünschten Ergebnis, da nur der konkrete Einzelfall geklärt wurde. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächlich bestehenden Ansprüche unklar sind oder eine Rechtsverletzung nicht zweifelsfrei identifiziert werden kann.
All dies kann man mit einer außergerichtlichen, vertraglichen Vereinbarung umgehen und so für die Parteien verbindliche Regelungen schaffen.
Ein zweiter Grund liegt häufig im Streitgegenstand selbst: die Marke oder das Zeichen ist gar nicht identisch oder es besteht auf den zweiten Blick keine hohe Verwechslungsgefahr. Dies wird häufig der Fall sein, wenn die sich streitenden Parteien keine direkten Konkurrenten sind. Als Beispiel ließe sich hier anführen, dass ein neu eingetragenes Markenzeichen optische Ähnlichkeit mit einem bereits geschützten aufweist, jedoch das dahinterstehende Produkt oder die angebotene Dienstleistung anders aussieht.
In solchen Fällen ist eine Vereinbarung, in der festgelegt wird,
wie die Zeichen verwendet werden dürfen,
in welchen Bereichen (Klassen bzw. Waren und Dienstleistungen) und
wie mit Ihnen geworben werden kann
zumeist zielführender als ein langwieriger Prozess. Insbesondere, wenn die Verwechslungsgefahr dann auch tatsächlich nach Auffassung des Gerichts nicht besteht, die klagende Partei somit verliert und nichts erreicht wurde.
Diese Problematik kann wesentlich umfassender und zukunftsorientierter durch vertragliche Abgrenzungsvereinbarungen oder Vorrechtsvereinbarungen gelöst werden.
Fehler vermeiden und Abgrenzungs- oder Vorrechtsvereinbarung durch einen spezialisierten Anwalt formulieren lassen
Da die vertraglichen Regelungen immer vom Einzelfall abhängen und ein Gerichtsverfahren vermieden werden soll, dieses aber gerade bei einer ungenauen und rechtlich nicht korrekten Vereinbarung wieder schnell vor der Tür stehen kann, sollte eine Abgrenzungs- oder Vorrechtsvereinbarung so präzise und juristisch korrekt wie möglich ausgestaltet sein.
Markenrecht ist eine rechtliche Spezialmaterie. Wenn es zu Streitigkeiten mit einem anderen Markeninhaber kommt, kann ich euch nur anraten, euch von einem fachkundigen Anwalt unterstützen zu lassen. Dieser ist Ansprechpartner, berät euch in rechtlicher und wirtschaftliche Hinsicht in der Angelegenheit, führt die Verhandlungen mit der Gegenseite und erstellt für euch die Abgrenzungs- oder Vorrechtsvereinbarung bzw. überprüft die von der Gegenpartei formulierte Abgrenzungs- oder Vorrechtsvereinbarung und nimmt solange Änderungen vor, bis ein vertretbares Ergebnis vorliegt.
Ihr benötigt Rechtsberatung bei einer Abgrenzungsvereinbarung im Markenrecht?