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Nicht bei jedem löst ihr Anblick Freude aus: die Polizei. Gerade bei lästigen Verkehrskontrollen möchte so mancher die Beamten verfluchen. Doch was ist erlaubt im Streitgespräch mit den Ordnungshütern? Hier erfahren Sie, welche Äußerungen gegenüber Polizisten zulässig sind und wann Sie sich sogar strafbar machen können.
Deutsche Strafgerichte arbeiten sich an einem wiederkehrenden Phänomen ab: Strafanzeigen von Polizeibeamten, die während ihrer Arbeit vermeintlich beleidigt wurden. Der Kreativität einiger Bürger sind kaum Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, Unmut über Polizisten auszudrücken - Von „Mach mal halblang, Kollege!“ bis hin zu „Bullenschwein!“ ist alles dabei.
Aber was ist erlaubt, was nicht? Der Auslöser einer Beleidigung ist eigentlich immer derselbe: Der Polizist tut etwas, was den Bürger nervt. Er winkt am Straßenrand mit der Kelle oder will einen Blick in den Rucksack werfen. Grundsätzlich ist da Kritik erlaubt. Die Meinungsfreiheit ist als Grundpfeiler unserer Demokratie in Artikel 5 des Grundgesetzes besonders geschützt. Sie endet dort, wo das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines anderen Menschen rechtswidrig verletzt wird. Das kann etwa der Fall sein, wenn Ihr Nachbar Details aus Ihrem Privatleben rumerzählt, oder eben auch, wenn eine Äußerung über ein gewisses Maß hinaus verletzend ist. Für verletzende, nicht zulässige Äußerungen gibt im Strafgesetzbuch sogar einen eigenen Abschnitt mit dem Titel „Beleidigung“.
Überraschung Nr. 1: Das Wort Polizist oder Beamter kommt hier nicht vor. Die im Volksmund so bekannte „Beamtenbeleidigung“ gibt es in Deutschland nicht. Ein Polizist ist rechtlich in dieser Hinsicht nicht anders gestellt als ein normaler Bürger. Die allgemein wahrgenommene viel härtere Bestrafung gibt es in Deutschland nicht. Dieser Eindruck rührt vielleicht daher, dass Polizisten Beleidigungen konsequenter anzeigen als andere Bürger.
Überraschung Nr. 2: Was eine Beleidigung überhaupt ist, steht nicht im Strafgesetzbuch. § 185 StGB verkündet zu diesem Aspekt lediglich: „Die Beleidigung wird […] bestraft.“
Viele Juristen halten das für problematisch, denn ein Strafgesetz muss stets genau benennen, welches Verhalten verboten ist. Das Bundesverfassungsgericht hält die Norm aber seither für bestimmt genug (BVerfGE 93, 266, 290).
Ganz allgemein ist eine Beleidigung laut deutscher Rechtsprechung „die Kundgabe von eigener Missachtung oder Nichtachtung“. Im Fokus stehen sogenannte Meinungsäußerungen – Aussagen, deren Wahrheitsgehalt nicht nachweisbar ist. Es geht darum, dass diese die Ehre eines Menschen verletzen. Und die Ehre wiederum kann ein sehr subjektives Empfinden sein. Juristen haben sich daher auf einen „normativen Ehrbegriff“ geeinigt. Die Ehre ist demnach - grob umschrieben - der Wert, der dem Menschen ganz natürlich durch seine Menschenwürde und außerdem durch sein eigenes soziales Verhalten zukommt. Nur weil jemand überempfindlich ist, ist er also nicht schneller „beleidigt“ in einem strafrechtlichen Sinne.
Es kommt immer ganz genau darauf an, wer was zu wem unter welchen Umständen sagt (KG JR 84, 165). Das gilt unter Nachbarn wie gegenüber einer Polizistin. Eine allgemeine Formel oder gar offizielle Liste welche Äußerungen eine Beleidigung sind, gibt es also nicht.
Beispiele für Polizistenbeleidigungen gibt es zahlreiche. „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe“ muss der Beleidigende trotz aller Unsicherheit rechnen. Beleidigt er mittels einer Tätlichkeit, drohen bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Der Blick auf einige Urteile kann helfen, ein Gefühl dafür zu bekommen, was Richter üblicherweise als beleidigend ansehen und was nicht. Hier einige Beispiele für Äußerungen, die Gerichte gegenüber Polizisten nicht geduldet haben:
Nein, denn die Beleidigung wird gemäß § 194 StGB nur auf Antrag des Beleidigten verfolgt. Es lohnt sich also allemal eine Entschuldigung, bevor das Gegenüber auf die Idee kommt, die Justiz einzuschalten.
Nicht nur § 185 StGB hält eine Strafe für ehrverletzende Aussagen bereit. Auch die Normen § 186 (Üble Nachrede) und § 187 (Verleumdung) gelten gegenüber Polizisten ebenso wie gegenüber normalen Bürgern.
Die Norm zur Üblen Nachrede lautet wie folgt:
„Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Hier geht es also um die Situation, in der der Täter ein Gerücht streut, dessen Wahrheit er nicht beweisen kann. Wer ehrverletzende Mutmaßungen über das Leben eines Polizisten umherbrüllt, um seinen Unmut über eine Verhaftung auszudrücken, macht sich strafbar.
Auch Verleumdung von Polizisten ist möglich:
„Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Hier geht es darum, eine Lüge ganz bewusst zu verbreiten. Die Strafe: Wesentlich höher als bei der Beleidigung oder der üblen Nachrede. Wer nach einer Festnahme behauptet, der Polizist habe auf ihn in böser Absicht geschossen, obwohl dieser nur Handschellen angelegt hat, macht sich strafbar, weil es die Ehre des Polizisten verletzt und ihn in die missliche Lage bringt, mit derartigen Anschuldigungen konfrontiert zu sein.
Es ist zu erwarten, dass deutsche Gerichte auch in Zukunft über immer neue Wortschöpfungen urteilen müssen, die Bürger Polizeibeamten in der Aufregung an den Kopf werfen. So schlimm die Beleidigung auch sein mag: Im Gefängnis landen dafür aber auch in Zukunft die Wenigsten.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator
Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator