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Geldentschädigung bei Berichterstattung durch Presse und Medien
Schmerzensgeld für Berichterstattung

Veröffentlicht am

Wenn ein Pressebericht das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwer verletzt, kann der Betroffene der Berichterstattung eine Geldentschädigung fordern. Zahlen müssen Presse und Medien dieses "Schmerzensgeld" aber nur, wenn dem Betroffenen nicht auf andere Art und Weise geholfen werden kann.

gulden röttger rechtsanwälte

Ansprechpartner
Karsten Gulden, LL.M. Medienrecht

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht &
Gesellschafter von gulden röttger rechtsanwälte

06131 240950
karsten.gulden@ggr-law.LÖSCHEN.com

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Wann kann eine Geldentschädigung verlangt werden?

Eine Geldentschädigung wegen schuldhaft rechtswidriger Berichterstattung kann nur verlangt werden, wenn die Berichterstattung durch Presse und Medien so schwerwiegend war, dass auf andere Art und Weise keine Wiedergutmachung erreicht werden kann. 

 

Wer kann eine Geldentschädigung fordern?

Geldentschädigungen können nur lebende und natürliche Personen fordern, die von der Berichterstattung unmittelbar betroffen sind. Angehörige von Toten können derzeit wegen einer Veröffentlichung über die Verstorbenen keine Geldentschädigung fordern. 

Was müssen Betroffen tun, um eine Geldentschädigung zu bekommen?

Betroffene, deren Rechte durch einen Presse- oder Medienbericht verletzt werden, müssen im ersten Schritt die Verstöße beweissicher dokumentieren:

  • Pressberichte kopieren
  • Screen-Shots anfertigen
  • Dokumente sichern
  • Zeugen aufschreiben
  • Email-Verkehr sichern

Im nächsten Schritt können sich die Betroffenen dann an uns oder andere, spezialisierte PresserechtlerInnen wenden unter Angabe des kompletten Sachverhaltes ihres Falles. Wichtig ist dabei, dass sämtliche Informationen - auch zu den Hintergründen - mitgeteilt werden. Nur dann kann eine verbindliche und verlässliche Überprüfung in juristischer Hinsicht erfolgen. 

 

Geldentschädigung Beispiele aus der Praxis

Geldentschädigungen werden in besonders heiklen Fällen anerkannt. Unwahre Behauptungen können ebenso wie Eingriffe in die Privatsphäre oder Intimsphäre Zahlungsansprüche entstehen lassen. Auch beharrliche Verletzungen oder Verstöße gegen das Recht am eigenen Bild können zu einer Geldentschädigung führen. Im letzten Fall insbesondere, wenn Betroffene ungewollt in der Werbung auftauchen. Zudem sind Geldentschädigungen denkbar, wenn es zu Schmähkritiken und Beleidigungen kommt.

Beispiele:

  • Paparazzifotos im Urlaub (vgl. Jogi Löw LG Köln 28 O 9/17 220.000 Euro / OLG Köln 15 U 103/17)
  • Falschberichte über Beschuldigte in Strafverfahren (Fall Kachelmann: 635.000 Euro)
  • Veröffentlichung von Memoiren ohne Einwilligung (Fall Kohl: 1 Million - aber nicht vererblich!)
  • falsche Berichte über familiäre Beziehungen wie Scheidungsverfahren oder Schwangerschaften ("Wölbungsjournalismus" -Kernbereich der Privatsphäre - 20.000 Euro OLG München 18 U 2770/13)
  • Bilder oder Informationen aus dem Bereich der Intimsphäre (wie Nacktbilder, sexuelle Vorgänge, revenge porn)
  • falsche Liebsberichte
  • Verbreitung von Falschzitaten oder gefälschten Interviews - Bsp.: Künast - LG Frankfurt 2-03 O 194/19
  • immer wiederkehrende, rechtsverletzende Berichterstattungen (beharrliches, hartnäckiges Vorgehen des Verletzers) Beispiel: Fall Corinna Schuhmacher, 60.000 Euro Entschädigung, OLG Hamburg 7 U 94/15, Urteil vom 29.11.2016
  • Werbung ohne Einwilligung - Imageschädigung und Ansehensverlust - werbliche Vereinnahmung
  • "Stasi" - Fälle, die ein Schmerzensgeld von mindestens 10.000 Euro rechtfertigen:

    • Die wahrheitswidrige öffentliche Behauptung, eine Person sei Mitglied der Staatssicherheit (Stasi) gewesen, kann einen Unterlassungsanspruch und einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 10.000 Euro begründen, LG Flensburg 7. Zivilkammer, Urteil vom 14.06.2023, 7 O 140/20

    • Ehrverletzung durch unzutreffende Berichterstattung ohne Namensnennung. Dennoch erfuhren mindestens 217 Bekannte, Verwandte oder Kollegen von der Behauptung, der Kläger habe als „Stasi-Scherge" einen Mord begangen: OLG Hamm, Urteil vom 1.6.1992, Az. 3 U 25/92, BeckRS 9998, 11842.
      • Ehrverletzung durch Ausstrahlung von Fernsehaufnahmen („Brandenburg aktuell"), in denen der Kläger als "Neonazi" mit einschlägiger Vergangenheit dargestellt wurde: LG Berlin, Urteil vom 9.10.1997, Az. 27 O 349/97, BeckRS 9998, 16109.
      • Bezeichnung des im Kommunalwahlkampf stehenden Klägers als „kulturloser Bonze" und  „Wendehals". Zudem wurde der Kläger einer tatsächlich nicht bestehenden SED Vergangenheit beschuldigt: LG Frankfurt, Urteil vom 29.7.2004, Az. 17 O 540/03, BeckRS 2004, 17904.
      • Ehrverletzung wegen eines „herabwürdigenden Artikels" mit der Folge psychischer Beeinträchtigungen: LG München, Urteil vom 11.6.2008, Az. 9 O 15086/06, BeckOK zum Schmerzensgeld Nr. 3782.
      • Unzutreffende Bezeichnung als „Perspektiv-Agent des KGB". Es stelle eine schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, in einer Buchveröffentlichung eine andere Person mit dem kommunistischen Geheimdienst KGB in Verbindung zu bringen, weil so zu Lasten des Betroffenen ein zwielichtiger Eindruck erweckt werde: OLG Bremen, Urteil vom 1.11.1995, Az. 1 U 51/95, BeckRS 9998, 2560.

Höhe der Geldentschädigung - Was kann verlangt werden?

Im Durchschnitt werden Geldentschädigungen bei Verletzungen in namhaften bundesweiten Medien in  Höhe von 5.000 - 20-000 Euro gezahlt. Wie hoch eine Geldentschädigung konkret ausfällt, muss jedoch im Einzelfall bestimmt werden und hängt in erster Linie von der Schwere des Eingriffs ab. Von weinigen hundert Euro bis hin zu mehreren 100.000 Euro ist jede Summe denkbar. Die höchste Geldentschädigung in Deutschland wurde Helmut Kohl zugesprochen: 1 Million Euro "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle" - LG Köln, Urteil vom 27.04.2017 - 14 O 286/14. (Der Anspruch ist aber nicht vererblich - BGH VI ZR 261/16).

Je intimer der Verstoß ist (Sexualleben, Eheleben, Liebesleben, Krankheiten), desto größer fällt in der Regel eine Geldentschädigung aus so die Erfahrung aus unserer Kanzlei.

Beispiele: 6.000 Euro für eine Ärztin, die als KZ-Ärztin betitelt wurde, LG Hamburg, Urteil vom 15.01.2921 - 324 O 290/19

 

Wie können Verlage eine Geldentschädigung verringern?

Wenn ein Verlag mit einer berechtigten Geldentschädigung konfrontiert wird, kann die Höhe der Geldentschädigung gemindert werden, wenn der Verlag - auch wenn das nicht gefordert wird - freiwillig eine redaktionelle Richtigstellung oder gar eine Entschuldigung publizieren. Auch die direkte Kontaktaufnahme zu dem verletzten Menschen ist anzuraten. Dies kann auch über einen spezialisierten Mediator / Konfliktlöser erfolgen, um eine Eskalation zu vermeiden.

Weiterführende Artikel:

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Karsten Gulden

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

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