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Presserecht - Umfang und Grenzen der Pressefreiheit
Was darf die Presse, was muss rechtlich beachtet werden?

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Wir befassen uns mit dem Presserecht für Journalistinnen und Journalisten. Zwangsläufig kennen wir uns somit auch mit dem Presserecht aus, das für die Betroffenen von Berichtertstattungen entscheidend ist. Wir wollen auf dieser Seite kurz erklären, wie die Presse geschützt wird und wo die Grenzen liegen, wenn Presse und Medien berichten.

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Karsten Gulden, LL.M. Medienrecht

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht &
Gesellschafter von gulden röttger rechtsanwälte

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Was muss die Presse beachten?

Die Presse hat Rechte und Pflichten, die bei der täglichen Pressearbeit beachtet und geachtet werden müssen.

Dazu zählen zum Beispiel die Impressumspflicht und die Frage, wer die die Verantwortung für den Inhalt von Beiträgen trägt. Meint ein Bürger, eine Tatsache über ihn sei falsch widergegeben, kann er mittels des Presserechts eine Gegendarstellung oder Unterlassung / Löschung verlangen. Auch die sogenannte journalistische Sorgfaltspflicht findet sich in den Landespressegesetzen. Im Landesmediengesetz Rheinland-Pfalz heißt es dazu etwa in § 12:

„Berichterstattung und Informationsangebote der Presse haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen, auch beim Einsatz virtueller Elemente, zu entsprechen. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Herkunft und Wahrheit zu prüfen.“

Das Presserecht gibt der Presse aber nicht nur Hausaufgaben auf. Mittels des ebenfalls in den Pressegesetzen geregelten Auskunftsanspruchs können Journalisten von Behörden Informationen für ihre Recherchen verlangen. Anders als beim Rundfunk braucht, wer Presse vertreibt, auch keine Zulassung. Die Pressegesetze betonen oft daneben noch einmal ganz abstrakt die Freiheit der Medien. Das klingt zwar schön, muss aber gar nicht in ein Pressegesetz geschrieben werden, da die Pressefreiheit durch das Grundgesetz geschützt wird.

Wer gehört zur Presse?

Ein guter Anknüpfungspunkt bei derart grundlegenden Fragen ist immer unser Grundgesetz. In Artikel 5 GG steht unter anderem geschrieben:

„Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“

Hier zeigt sich: Die Presse wird geschützt. Wer aber die Presse sein soll, wird verschwiegen.

Im Laufe der Jahrzehnte haben sich die meisten Juristen aber darauf geeinigt, dass es bei der Pressetätigkeit ganz allgemein um Druckwerke geht, die verbreitet werden sollen. Der Zeitungsverleger einer Lokalzeitung ist hier das Paradebeispiel. Es geht um das geschriebene Wort von Journalisten. Ein Livestream auf YouTube oder der klassische Rundfunk sind damit schon einmal außen vor. Die Pressefreiheit schützt alle Personen, die im Pressewesen arbeiten und auch ihre Unternehmen.

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Wie wird die Presse geschützt?

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat diese Frage in einem Urteil auf zwei verschachtelte Sätze heruntergebrochen:

„Als subjektives Recht gewährleistet die Pressefreiheit den im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen Freiheit von staatlichem Zwang. In ihrer objektiven Bedeutung schützt sie die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung.“ [BVerfGE 66, 116 (133)]

In anderen Worten: Der Staat hat sich rauszuhalten. Das gilt nicht nur bei der Frage, was in der Zeitung steht. Klar: Was, wann und wie berichtet wird, entscheiden Journalisten. Aber auch ihre Arbeitgeber – vom Käseblatt bis zum großen Spiegel-Verlag – müssen ohne Einschränkungen wirtschaften können. Nur durch dieses Zusammenspiel kann es freien Journalismus geben.

Beispiel: Lässt der Staat einen Journalisten in Ruhe arbeiten, verbietet aber seinem Verlag seinen Text zu drucken, hat der Journalist nicht viel von seiner Freiheit. Andersherum gilt das Gleiche. Können die Journalisten eines Verlages nur unter dem Diktat des Staates schreiben, hat es für den Verlag keinen Wert diese Texte zu veröffentlichen.

In beiden Beispielsfällen kann die Presse ihre eigentliche Aufgabe nicht erfüllen: Die Bürger informieren, damit sie sich eine freie Meinung über die Geschehnisse in Deutschland und der Welt bilden können.

Es gibt aber auch Grenzen, insbesondere für Behörden, Kommunen oder staatliche Stellen,  wenn diese Inhalte publizieren wollen. Dann müssen sie sich auf die Weitergabe von Sachinformationen aus ihrem Aufgabenbereich beschränken. Unzulässig ist die Herausgabe anzeigenfinanzierter, kostenloser erweiterter Amtsblätter (Fall Crailsheimer Stadtblatt - BGH, 20.12.2018 - I ZR 112/17) oder das Betreiben redaktioneller Internetangebote. Dies ist der Presse vorbehalten.

Was bedeutet Zensur?

Das Grundgesetz gibt in Art. 5 vor: „Eine Zensur findet nicht statt“. Doch was ist damit gemeint? Im alltäglichen Sprachgebrauch, vor allem in aufgeheizten Debatten auf Social Media, fällt dieser Begriff immer schnell, wenn ein Account gesperrt oder ein Kommentar gelöscht wird. „Das ist doch Zensur!“, heißt es dann oft. Meinungsfreiheit bedeutet nicht, alles sagen zu dürfen, was man will. Genauso wenig ist jede vermeintliche Einschränkung dieser immer eine „Zensur“. Zensur kann es rechtlich nur im Verhältnis zwischen Staat und Presse geben. Nur, wenn der Staat vor Veröffentlichung eines Textes diesen „zensiert“, also Einfluss auf den Inhalt nimmt, handelt es sich um Zensur.

Das Grundgesetz verbietet also mit dem obigen Satz dem Staat genau eine Sache:

Er darf nicht vor Veröffentlichung eines Presseerzeugnisses auf dessen Inhalt einwirken.

Das heißt im Umkehrschluss, dass wenn der eine Bürger dem anderen den Mund verbietet, es sich nie um Zensur handelt. Hier gibt es andere Rechtsfragen.

Das Zensurverbot ist geschichtlich das wohl erste von der Presse erkämpfte Recht. Denn die Debatte um staatliche Zensur begann, als die erste Druckerpresse anrollte.

Welche Äußerungen muss die Presse löschen? - Beispiele

Die folgenden Beispiele sollen ein Gefühl dafür vermitteln, welche Aussagen zweifelsfrei unzulässig sind. Speziell geht es um unwahre Tatsachenbehauptungen. Im Gegensatz zu Meinungen, die von Wertungen geprägt sind, sind „Tatsachen“ dem Beweis zugänglich. Das heißt, eine Äußerung dieser Kategorie ist entweder „wahr“ oder „unwahr“. Eine Statistik kann etwa nie eine Meinungsäußerung sein.  Wer sagt „Paderborn ist zurecht aus der ersten Bundesliga abgestiegen“, tut hingegen eine bloße Meinung kund.

Wird, wie kürzlich geschehen, in den Medien behauptet, die Kosten für Übernachtungen in Ferienwohnungen auf einer Nordseeinsel sei in der Corona-Zeit um fast 90 Prozent gestiegen, ist dies eine unwahre Tatsachenbehauptung. Ein genauerer Blick verriet hier, dass der vermeintliche Preisanstieg darauf zurückzuführen war, dass in den Buchungsportalen die meisten günstigen Angebote ausgebucht waren, während die teuren Angebote weiterhin verfügbar waren.

Ebenfalls eine unwahre Tatsachenbehauptung (so „Jameda-Il"-Entscheidung des BGH (Urteil vom 01. März 2016 - VI ZR 34/15) a.A.: nicht schützenswertes Werturteil) verbreitete ein Nutzer eines Bewertungsportal, der eine Ein-Stern-Bewertung für eine Zahnarztpraxis abgab, ohne je Patient gewesen zu sein. Wer eine Bewertung abgibt, behauptet, sich ein Bild des bewerteten Angebots gemacht zu haben. Gegen diese unwahre Behauptung konnte sich der Zahnarzt mit Hilfe unserer Kanzlei erfolgreich wehren.

Merke: Äußerungen, die nachweislich falsch sind, müssen in der Regel immer gelöscht werden.

Wer kontrolliert die Arbeit der Presse?

Die Presse muss sich an Recht und Gesetz halten. Inhaltliche Vorgaben auf das, was geschrieben wird, gibt es darüber hinaus nicht.

Zum Glück ist Zensur kein Thema für uns in Deutschland, mit dem sich deutsche Journalisten herumschlagen müssen. In Deutschland wird kein Journalist „von da oben“ gelenkt. In den Chefredaktionen wird nie auf das grüne Licht aus dem Kanzleramt gewartet. Ein Blick nach China verrät, wie eine gelenkte Presse aussehen kann. Ein Modell, dass sich in Deutschland durchgesetzt hat, ist das der freiwilligen Selbstkontrolle. Anstelle einer Aufsichtsbehörde gibt es mit dem Deutschen Presserat eine Institution, in der sich Vertreter verschiedenster Medien mehrmals jährlich Treffen. In dieser Runde sprechen die Journalisten über Beschwerden, die es über einzelne Beiträge gab. Der Rat kann nach einer Abstimmung zum Beispiel einem Medium gegenüber eine „Rüge“ aussprechen. Die „BILD“ trifft es hier besonders häufig. Der Pressekodex gibt dem Presserat für diese Entscheidungen Leitlinien vor, an welche sich seriöse Journalisten halten sollten. Im Pressekodex liegt die Berufsethik des deutschen Journalismus. Eine Beschwerde kann beim Presserat jeder einreichen.

Gibt es einen Fachanwalt für Presserecht?

Einen eigenen Fachanwaltstitel für Presserecht gibt es nicht. Viel häufiger anzutreffen ist der Fachanwalt für Urheberrecht & Medienrecht. Anwälte mit diesem Spezialgebiet haben sich im gesamten Bereich des Medienrechts spezialisiert und kennen sich daher auch mit den Fragen des Presserechts gut aus.

Welche Ansprüche gibt es im Presserecht?

Kommt es zu Rechtsverstößen durch Berichterstattungen, stehen den Betroffenen unzählige Ansprüche zu. Hierzu zählen meist Unterlassungsansprüche und Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft und Geldentschädigung. Auch das Recht auf eine Gegendarstellung, den Widerruf oder eine Berichtigung oder Ergänzung eines Beitrages gibt es.

Was bedeutet Unterlassung falscher Berichterstattung?

Unterlassung bedeutet, dass der rechtswidrige Beitrag entfernt werden muss und die Behauptungen auch künftig nicht mehr verbreitet werden dürfen. Dies geschieht meist außergerichtlich in Form einer Abmahnung. Führt die Abmahnung nicht zum gewünschten Ziel, kann eine gerichtliche Verbotsverfügung beantragt werden.

Wann gibt es Schmerzensgeld oder Geldentschädigung wegen falscher oder unwahrer Berichterstattung?

Bei schweren Verstößen müssen Presse und Medien den Betroffenen eine Geldentschädigung (umgangssprachlich: Schmerzensgeld) zahlen. Die Geldentschädigung ist aber nur für die ganz "krassen" Fälle vorgesehen, in denen eine Wiedergutmachung auf andere Art und Weise nicht möglich ist.

Beispiele, wann eine Geldentschädigung gezahlt wurde:

  • Vorverurteilung durch Staatsanwaltschaft (10.000 Euro)
  • Berichte über sexuellen Missbrauch eines Pfarrers (20.000 DM)
  • Bericht über Trauerfeier (10.000 Euro)
  • Bericht über Gesundheitszustand (10.000 Euro)
  • Aktfoto auf der Titelseite (20.000 DM)
  • entstelltes Zitat zum Thema Kinderpornografie (share-Pics) 10.000 Euro
  • Verdachtsberichterstattung - Verwicklung in Mord - (10.000 Euro)
  • ungewollt auf Wahlplakat (10.000 Euro)
  • beleidigende Äußerungen in sozialen Netzwerken (8.000 Euro)

Was ist eine Gegendarstellung?

Wer durch eine Berichterstattung betroffen ist, kann seine Sicht der Dinge in Form einer Gegendarstellung erklären. Unter bestimmten Voraussetzungen müssen Presse und Medien diese Gegendarstellung dann auch veröffentlichen. Zu beachten ist, dass Gegendarstellungen mit Vorsicht zu genießen sind, da die Suchmaschinen diesen neuen Content ebenfalls erfassen.

Was bedeutet Berichtigung und Widerruf im Presserecht?

Berichtigungen und auch der Widerruf kommen in Betracht, wenn es zu Äußerungen durch die Medien kam, die nicht der Wahrheit entsprechen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es um Worte oder Bilder geht. Auch Bildveröffentlichungen können im Einzelfall berichtigt werden, bspw. im Falle von Fotomontagen. Die Berichtigung oder der Widerruf können dann durchgesetzt werden, wenn durch die Bildveröffentlichung eine unwahre Aussage entsteht.Auch hier geben wir zu beachten, dass Berichtigungen und auch der Widerruf für die Suchmaschinen neuen Content darstellen, der wiederum abrufbar ist. Auch hier geben wir jedoch zu bedenken, dass Gegendarstellungen mit Vorsicht zu genießen sind, da die Suchmaschinen diesen neuen Content ebenfalls erfassen.

Die Abmahnung im Presserecht

Mit einer falschen Tatsachenbehauptung ist die Schwelle zur Strafbarkeit schnell erreicht. § 186 StGB sanktioniert die Üble Nachrede, § 187 StGB bestraft die Verleumdung.

Gegen derartige Äußerungen – auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze – können Betroffene sich mittels einer Abmahnung oder einem Antrag auf eine einstweilige Verfügung wehren. Die beiden Instrumente unterscheiden sich dabei in ihrer Art und Zielsetzung.

Eine Abmahnung ist „vorprozessual“. Das heißt, dass zunächst kein Gericht beteiligt ist. Der Abmahnende richtet sich direkt an den Urheber der Äußerung, etwa einen Medienverlag. Aus der Abmahnung muss sich der Sachverhalt und der Vorwurf (Welche Äußerung ist unzulässig?) genau bestimmen lassen.  Mit einer angemessenen Frist wird zu einer Rückmeldung aufgefordert und gerichtliche Schritte werden angedroht.

Ziel der Abmahnung ist es, den Abgemahnten zur Abgabe einer „strafbewehrten Unterlassungserklärung“ zu bewegen. Diese kann vorformuliert der Abmahnung beigefügt werden. Wird sie unterschrieben, schließen beide Seiten einen Vertrag. Dabei verpflichtet sich eine Seite, die Äußerung nicht zu wiederholen, da sonst eine Vertragsstrafe fällig wird.

Für den von der Äußerung Betroffenen ist eine Abmahnung vor gerichtlichen Schritten schon allein aus Kostengründen empfehlenswert. Vor Gericht kann die Gegenseite den Anspruch (z.B. einen auf Unterlassung) nämlich sofort anerkennen. Die Folge verrät § 93 ZPO: Der Kläger hat die Gerichtskosten zu tragen. Der Urheber der unzulässigen Äußerung beseitigt durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung wiederum die sogenannte „Wiederholungsgefahr“ eines Unterlassungsanspruchs. Fehlt diese, wird ein Gericht eine spätere Klage des Abmahnenden auf Unterlassung abweisen. Der Abgemahnte erhält daher ein Stück Rechtssicherheit.

In der Praxis wird eine vorformulierte Unterlassungserklärung aber nur selten akzeptiert. Üblich ist allenfalls eine Unterwerfung ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung (so wird verhindert, dass die Erklärung prozessual als Anerkenntnis gewertet wird).

Die einstweilige Verfügung im Presserecht

Führt die Abmahnung im Presserecht nicht zum gewünschten Ziel, kommt die einstweilige Verfügung ins Spiel.

Die einstweilige Verfügung ist Teil des sogenannten vorläufigen Rechtsschutzes. Hier wird bei einem Gericht im Eilverfahren ein Unterlassungsanspruch durchgesetzt. Dieser zielt genau wie die Abmahnung darauf, dass eine Äußerung gelöscht und in Zukunft nicht wiederholt wird. Normalerweise dauert ein gerichtliches Verfahren für presserechtliche Angelegenheiten viel zu lang. Bis teils nach Jahren ein Urteil gesprochen wird, ist die umstrittene Äußerung in vielen Fällen schon nicht mehr im Blick der Öffentlichkeit. Daher ist eine einstweilige Verfügung immer dann zulässig, wenn „zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts oder wesentlich erschwert werden könnte“ (§ 935 ZPO). Das heißt, das Gericht muss im Einzelfall einen Grund feststellen, aus dem die Angelegenheit nicht den regulären Rechtsweg gehen kann. Es muss eilig sein.

Und so läuft das Ganze ab:

Der von einer Äußerung Betroffene muss dem Gericht alle Voraussetzungen eines Anspruchs „glaubhaft“ machen, also darlegen, warum ein Anspruch besteht (Warum ist die Äußerung unzulässig?). Auch muss erklärt werden, warum nicht gewartet werden kann (§§ 936, 920 Abs. 2, 294 ZPO). Gelingt diese „Glaubhaftmachung“, ergeht die einstweilige Verfügung in Beschlussform (§§936, 922 Abs. 1 S.1 ZPO). Gab es eine mündliche Verhandlung, ergeht die einstweilige Verfügung als Endurteil. Vollzogen wird sie durch Zustellung, z.B. an den jeweiligen Anwalt (§172 ZPO; BGH NJW-RR2011, 997). Für dauerhafte Klarheit sorgt hier die Abschlusserklärung.

Wie reagieren auf Abmahnung und einstweilige Verfügung?

Flattert eine Abmahnung ins Haus, gibt es verschiedene Reaktionsmöglichkeiten:

  • a) Die beigefügte Unterlassungserklärung wird unterschrieben. Folge: Es wird rechtsverbindlich die Verpflichtung eingegangen, die Äußerung nicht zu wiederholen. Eine Unterlassungsklage des Abmahnenden würde nun scheitern.

Meist fordert die Gegenseite die Erstattung der Anwaltskosten.

  • b) Die Aussage wird freiwillig berichtigt. Auch so wird ein Verurteilungsrisiko minimiert.
  • c) Die beigefügte Unterlassungserklärung wird zwar nicht unterschrieben, doch wird deren Befolgung ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung zugesichert. Dies schließt eine Niederlage vor Gericht nicht aus, wird viele aber bereits von einer Klage abbringen.
  • d) Die beigefügte Unterlassungserklärung wird nicht unterschrieben und der Vorwurf zurückgewiesen. Die Folge: Die Gegenseite wird vermutlich versuchen eine einstweilige Verfügung vor Gericht zu erwirken.

Aber auch gegen eine einstweilige Verfügung ist der Adressat nicht schutzlos.

Gegen eine Beschlussverfügung kann Widerspruch erhoben werden gem. §§ 936, 924 I ZPO. Hierfür gibt es keine Frist, doch sollte ein Widerspruch schnellstmöglich erhoben werden. Das Gericht wird dann eine mündliche Verhandlung anberaumen und durch ein Endurteil über die Streitigkeit entscheiden, §§ 936, 924 Abs. 2 S.2, 925 I ZPO. Etabliert hat sich in diesem Kontext die sogenannte „Schutzschrift“ des potenziellen Verfügungsbeklagten. Hierbei wird vorsorglich einem möglichen Anspruch widersprochen, noch bevor eine Verfügung bei Gericht beantragt wurde. Das Ziel: Auf diese Weise soll eine mündliche Verhandlung erwirkt werden - was Zeit verschafft.

Erging von vorneherein ein Verfügungsurteil, kann dagegen Berufung eingelegt werden, § 511 Abs. 1 ZPO.

Gut zu wissen: Bei einer unberechtigten einstweiligen Verfügung hat der Adressat gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO.

Einstweilige Verfügung ohne Anhörung des Gegners beantragen - Geht das?

Oft besteht der Wunsch, dass das Gericht eine einstweilige Verfügung erlassen soll, ohne den Gegner vorher anzuhören.

Besonders für Verlage problematisch war diese weit verbreitete Praxis der Gerichte problematisch, einstweilige Verfügungen zu erlassen, ohne angehört zu werden. Erst Antrag, dann Verbot, erst später Anhörung des Adressaten der Verfügung. 

Dem hat sich das Bundesverfassungsgericht kürzlich entgegengestellt und erneut klare Anforderungen an die prozessuale Waffengleichheit im äußerungsrechtlichen Eilverfahren aufgestellt.

Demnach ist die Einbeziehung der Gegenseite in das Verfahren grundsätzlich auch dann erforderlich, wenn wegen besonderer Dringlichkeit eine Entscheidung selbst ohne mündliche Verhandlung ergehen darf.

Eine Abmahnung im Vorfeld kann diese Voraussetzung grundsätzlich erfüllen. Das gilt den Karlsruher Richtern zufolge aber nur, wenn Abmahnung und Verfügungsantrag identisch sind. Weicht der Verfügungsantrag von der vorherigen Abmahnung ab, muss die Beklagte Seite im Prozess um die einstweilige Verfügung einbezogen werden, bevor eine Verfügung ergehen darf. Das ist schon der Fall, wenn auf das Erwiderungsschreiben eingegangen wird, neue Anträge enthalten sind oder nachträglich ergänzt oder klargestellt wird.

Diese Erwägungen stützt das Bundesverfassungsgericht auf das „Recht auf prozessuale Waffengleichheit“ aus Art. 3 Abs. 2 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG.

Tipp: So gehen Sie am besten vor

Im ersten Schritt ist es immer am besten, das Gespräch zu suchen. Das kann telefonisch oder später auch per Videokonferenz geschehen. Hilft dies nicht weiter, ist in einem zweiten Schritt die Abmahnung auszusprechen. Erst wenn die Reaktion auf die Abmahnung nicht zufriedenstellend ist, sollte eine einstweilige Verfügung bei Gericht beantragt werden. Dieser Antrag sollte entsprechend der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts der Abmahnung nachempfunden sein.

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Karsten Gulden

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

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