Wenn falsch berichtet wurde, können Presse und Medien verpflichtet sein, dem Betroffenen Schadensersatz zu zahlen. Im Presserecht wird dabei zwischen dem materiellen (messbar) und dem immateriellen (nicht messbar-Geldentschädigung/Schmerzensgeld) Schadensersatz unterschieden. Wir erklären, wann, welcher Schadensersatz geltend gemacht werden kann, aber auch, wie Verlage Schadensersatzforderungen abwehren können.
Der Schutz Ihrer Daten ist uns wichtig. Erst wenn Sie hier klicken, erlauben Sie uns, das Video von der cookie-freien YouTube Webseite zu laden.
Ansprechpartner Karsten Gulden, LL.M. Medienrecht
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht &
Gesellschafter von gulden röttger rechtsanwälte
Schadensersatz nur in Ausnahmefällen - no chilling effect
Presse und Medien sind privilegiert, da sie eine öffentliche Aufgabe wahrnehmen. Daher sollen sie sich auch nicht aus Furcht vor "Strafzahlungen" von unangenehmen Berichterstattungen abhalten lassen "chilling effect". Aus diesem Grunde wird Schadensersatz nur dann in Frage kommen, wenn eine Berichterstattung zu einem schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen führt.
Der Schutz Ihrer Daten ist uns wichtig. Erst wenn Sie hier klicken, erlauben Sie uns, das Video von der cookie-freien YouTube Webseite zu laden.
Erfolg für Verlag: Schadensersatzklage in Höhe von 30.000 € abgewehrt
Schadensersatz Beispiele aus der Praxis und Rechtsprechung
Es gibt verschiedene Tatbestände, die einen Schadensersatzanspruch entstehen lassen können.
Beispiele aus der anwaltlichen Praxis:
Betriebsbezogene Eingriffe (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) - es wird bspw. über ein Unternehmen berichtet (Leo Kirch - BGH XI ZR 384/03, Urteil vom 24.01.2006
Kreditgefährdung nach § 824 BGB (nachweislich falsche Tatsachen müssen verbreitet werden mit dem Ziel der Rufschädigung) - LG Landau, Az. 2 = 371/20, Urteil vom 19.08.2021 - Kausalzusammenhang zwischen Berichtertstattung und Schaden
sittenwidrige und vorsätzliche Schädigung nach § 826 BGB
Geheimnisverrat (Geschäftsgeheimnisse)
Bereicherungsansprüche (kommerzielle Ausnutzung des Bildes und Namens - Lizenzansprüche)
weitere Beispiele aus der Rechtsprechung:
Schmähungen (Meinungsäußerungen die schmähend sind) - BVerfG Beschluss vom 11.12.2013 - 1 BvR 194/13
wahre Tatsachen aus der Intimshäre oder Privatsphäre - Fall Kachelmann
unwahre und/oder ehrenrührige Tatsachenbehauptungen - Caroline Entscheidung des BGH, Urteil vom 15.11.1994 - VI ZR 56/94
Verdachtsberichterstattung - Sächsischer Korruptionsskandal, BGH Urteil vom 17.12.2013 - VI ZR 211/12
Veröffentlichung von Bildnissen
Anspruchsberechtigte - Wer kann Schadensersatz fordern?
Jeder, der unmittelbar und individuell von einer Berichterstattung betroffen und in seinen Rechten widerrechtlich verletzt ist, kann grundsätzlich Schadensersatz fordern.
Betroffen ist, wer durch die Berichterstattung erkennbar ist. Ausreichend ist dabei die Erkennbarkeit im Bekannten- oder Freundeskreis. Auf den Durchschnittsleser kommt es nicht an, BVerfG AfP 2007, 441, 444, Rn. 76 - „Esra“. Das können natürliche Personen sein, aber auch juristische Personen oder Geschäftsführer und Gesellschafter einer GmbH.
Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts wie Behörden können Schadensersatzsansprüche geltend machen, wenn die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Einrichtung infrage gestellt wird, vgl. BVerwG NJW 1985, 2774 (2777); BVerfG MMR 2006, 375 Stiftung Warentest.
Schadensersatzansprüche können auch vererbt werden.
Anspruchsverpflichtete - Wer muss Schadensersatz zahlen?
Im Bereich der Presse haftet jeder, der an der Veröffentlichung direkt beteiligt war und schuldhaft mitgewirkt hat.
Das sind in der Regel
der Verlag bzw. das Medienunternehmen (es können auch mehrere Verlage gesamtschuldnerisch haften)
und die Autoren bzw. Redakteure
Betreiber einer Suchmaschine (z.B. Google), aber erst nach Kenntnis
Es kann sinnvoll sein, sowohl den Verlag als auch den Redakteur in Haftung zu nehmen und sich an alle Unternehmen zu wenden, die einen Beitrag weiter verbreiten, wenn der Erstveröffentlicher nicht kooperiert.
Jeder Schädiger haftet für den Gesamtschaden, der durch die Berichterstattung entstanden ist.
Kausalität - Schaden aufgrund der Berichterstattung
In der Praxis wehren regelmäßig alles Schadensersatzforderungen ab, die gegen Verlage oder Journalisten erhoben werden. Presse und Medien sollen geschützt werden vor Schadensersatzforderungen, die die Pressefreiheit einschränken können.
Dies entlastet die Medien jedoch nicht von allgemeinen Schadensersatzpflichten; diese müssen jedoch wegen und nicht nur bei Gelegenheit einer Berichterstattung entstanden sein, vgl. Pfälzisches OLG Zweibrücken, Az. 4 U 66/23 Hinweisbeschluss v. 13.02.2025. So reicht es im Falle einer Kündigung nach einem Pressebericht nicht aus, dass die Kündigung erfolgte, weil sich der/die Arbeitnehmer an die Presse gewendet haben. Der Pressebericht selbst muss den Schaden herbeigeführt haben - es kommt somit auf den Inhalt an.
Der Betroffene muss beweisen, dass der Presseartikel ausschließlicher Grund für den Schadenseintritt war. Allgemeine Mutmaßungen reichen nicht aus. Der konkrete Nachweis des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Berichterstattung und dem eingetretenen Schaden muss nachgewiesen werden, vgl. BGH VI ZR 323/96, Urteil vom 26.11.1996.
Der Schaden muss also im inneren Zusammenhang mit dem Verhalten des Schädigers stehen und darf keine bloß zufällige äußere Verbindung darstellen (BVerfG, Beschluss vom 18.01.2001, a.a.O.).
Verschulden und Rechtswidrigkeit
Schadensersatz muss nur gezahlt werden, wenn der Verlag oder das Medienunternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben und dies nicht zu rechtfertigen ist.
Dies muss im Einzelfall im Rahmen einer umfassenden Abwägung geprüft und festgestellt werden.
Die Presse kann sich jedenfalls auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen, wenn sachlich und ausgewogen über Geschehnisse berichtet wurde, die von Belang für die Öffentlichkeit sind.
Höhe und Umfang des Schadensersatzes
Es soll der Schaden ersetz werden, der durch die Berichterstattung verursacht wurde.
Typischerweise gehören hierzu
die Anwaltskosten
Kosten für Anzeigen und Veröffentlichungen in anderen Medien (schwere Fälle)
Kosten für Maßnahmen zum Reputationsschutz
Im Zeitalter des Internets verbreiten sich falsche Inhalte rasend schnell. Das hat auch die Rechtsprechung erkannt. Maßnahmen zum Reputationsschutz sind daher erstattungsfähig. Das können Veröffentlichungen und Anzeigenkampagnen in Drittmedien sein, wenn sie angemessen sind. Weitere Kosten für anwaltliche Maßnahmen wie vorbeugende presserechtliche Informationsschreiben sieht der BGH in der Regel nicht als ersatzfähig an.
Wie wir helfen können, wenn ein Schaden durch einen Pressebericht entstanden ist
Wenn tatsächlich schuldhaft ein Schaden durch einen Pressebericht verursacht wurde, nehmen wir Kontakt zu dem verantwortlichen Redakteur oder der Redaktion auf, um eine Lösung herbeizuführen. Die Erfahrung aus unserer Kanzlei zeigt, dass zielführende und respektvolle Gespräche mit den verantwortlichen Personen von Presse und Medien das "Problem" am schnellsten und nachhaltigsten aus der Welt schaffen. Die "seriöse Presse" ist immer gesprächsbereit - auch aus eigenem Interesse.
Haben wir es dagegen mit einem Medium zu tun, die sich verweigern und nicht mit uns kommunizieren möchten, wenden wir die klassischen Rechtsmittel an.
Weiterführende Artikel:
Presserecht - Umfang und Grenzen der Pressefreiheit
Was darf die Presse, was muss rechtlich beachtet werden?
Was ist von der Pressefreiheit geschützt? Wer kann sich auf die Pressefreiheit berufen? Was müssen Presse und Medien beachten? Welche Rechte haben Betroffene von Berichterstattungen?