Produktbeurteilungen im Internet haben großen Einfluss auf die Kaufentscheidung von Konsumenten. Wie jedem anderen Unternehmer liegt Ihnen deshalb vermutlich viel daran, möglichst viele gute Bewertungen zu bekommen und öffentlich negatives Feedback weitestgehend zu vermeiden.
Da ist die Versuchung groß, die angebotenen Produkte und Dienstleistungen selbst unter Verschleierung der wahren Identität positiv zu bewerten. Aber vorsicht bei einer Fake Bewertung.
Im Internet gibt es sogar Anbieter, die positive Bewertungen „verkaufen“. Kann das legal sein? Mehr zum Handel mit Fake-Bewertungen erfahren Sie hier.
Vorab so viel: In vielen Fällen ist es illegal, Bewertungen zu kaufen. Das OLG Frankfurt am Main hat in einem Beschluss vom 22.02.2019, Az. 6 W 9/19 jedenfalls klargestellt, dass gekaufte Produktbewertungen kenntlich gemacht werden müssen. Details zu diesem Fall und eine Stellungnahme dazu finden Sie hier.
Keine Lust, zu lesen?
Unser Anwalt Karsten Gulden beantwortet Ihnen diese Frage auch auf YouTube in nur drei Minuten: Soll ich positive Bewertungen kaufen?
Warum es vor allem mit Blick auf die eigene Konkurrenz gar keine gute Idee ist, Bewertungen zu fälschen oder fälschen zu lassen, zeigt sich allein schon hieran:
Schreiben Konkurrenten Bewertungen selbst oder kaufen diese, können Sie rechtlich dagegen vorgehen. Und andersherum gilt da nichts anderes.
Hier erfahren Sie, warum das so ist und was Sie tun können, wenn Ihre Konkurrenz illegal ihr Image aufpoliert oder versucht, Ihres zu beschmutzen.
Fake-Bewertungen sind keine Meinung
Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes schützt die Meinungsfreiheit. Kann man da nicht sagen, dass es auch erlaubt sein muss, sich positiv über die eigenen Produkte äußern? Das stimmt soweit die eigene Identität offengelegt wird. Beruht eine Bewertung aber auf einer Lüge – Unternehmer gibt vor, zufriedener Kunde zu sein – fehlt schon der schützenswerte Anknüpfungspunkt. Hier spricht man von einer unwahren Tatsachenbehauptung. Diese wird nicht geschützt, sondern ist rechtswidrig.
Fehlt der direkte Bezug zu Ihrem Unternehmen oder Geschäftsfeld, haben Sie wegen einer bloßen Lüge des Konkurrenten noch keinen Anspruch gegen den Konkurrenten.
Das Problem der Identität: Wer war es wirklich?
Dazu kommt, dass in der Praxis es meist überaus schwierig ist, die Identität der bewertenden Täter aufzudecken und gegen diese direkt vorzugehen. In den seltensten Fällen wird Ihre Konkurrenz selbst im eigenen Namen agieren – das würde schließlich auch der Idee einer Fake-Bewertung widersprechen.
Die Täter treten also meist anonym auf oder verstecken sich hinter Pseudo-Profilen.
Wer steckt dahinter? Mit etwas Aufwand lässt sich diese Frage selbst bei Fake-Profilen oft doch beantworten. Wie das klappt, erfahren Sie hier.
Kredit in Gefahr? Schadensersatz in Sicht
Angenommen, Sie haben herausgefunden, dass der Konkurrent konkret verantwortlich ist: Gefährdet die Äußerung Ihren „Kredit“ oder führt direkt zu „Nachteilen für den Erwerb oder das Fortkommen“ Ihres Unternehmens? Dann muss dieser Konkurrent Schadensersatz zahlen. Das legt § 824 BGB fest. Die Vorschrift dient dem Schutz der wirtschaftlichen Wertschätzung und des guten wirtschaftlichen Rufes von Unternehmen. Das Gesetz will gerade vor den negativen Folgen unwahrer Tatsachen schützen. Vor Gericht gilt es also zu beweisen, dass die positiven Fake-Bewertungen des einen dem anderen schaden.
Wer aber dem guten Ruf des Konkurrenten mit voller Absicht schaden will, muss, wenn ihm das gelingt, immer Schadensersatz zahlen. Das steht in § 826 BGB. Wörtlich heißt es da: „Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.“
Beispiel: Klassischer Fall von § 826 BGB ist der, in dem ein Konkurrent Ihre Produkte – unter dem Deckmantel Kunde zu sein – schlecht bewertet, um selbst besser dazustehen. In solch einem Fall muss er Ihnen Schadensersatz zahlen.
Der Richter wird sagen: „Nenn mir deinen Schaden“!
Voraussetzung ist aber immer, dass Ihnen durch die Fake-Bewertung des Konkurrenten ein wirtschaftlich bezifferbarer Schaden entstanden ist – egal ob er Sie schlecht oder sich selbst gut bewertet hat. Hierfür müssen Sie Beweise anführen. Dies ist in der Praxis oftmals schwierig. Eine Feststellung des Schadens dem Grunde nach ist allerdings möglich (vgl. OLG München, Urteil v. 13.11.2018, Az. 18 U 1280/16).
Ihnen ist noch kein wirtschaftlicher Schaden entstanden? Schadensersatz erhalten dann nicht. Trotzdem können Sie dem Konkurrenten verbieten lassen, weiter mit Fake-Bewertungen zu arbeiten. Das heißt: Bestehende muss er löschen, in Zukunft darf er keine Neuen verfassen. Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nennt man das.
Dafür gibt es in diesen Fällen gleich zwei Anknüpfungspunkte.
Einerseits gibt es das Unternehmerpersönlichkeitsrecht. Das ergibt sich aus Art, 2 Abs. 1 GG und schützt den „guten Ruf“ eines Unternehmens. Wer diesen durch Fake-Bewertungen verletzt, muss dies künftig nach §§ 1004 I, 823 I BGB bleiben lassen.
Beispiel: Für ein Medienunternehmen, welches Opfer einer gezielten Rufschädigung mittels einer negativen Google Bewertung wurde, konnten wir den Erlass einer Unterlassungsverfügung gegen den Bewerter erreichen. Die Details erfahren Sie hier.
Andererseits gibt es noch das Wettbewerbsrecht – genauer: das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Das Gesetz ermöglicht es Unternehmern, gegen Mitbewerber vorzugehen, wenn sie sich im Wettbewerb nicht fair verhalten.
Deshalb gibt es aus § 8 UWG auch einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch bei Wettbewerbsverstößen.
Im Wettbewerbsrecht verbietet § 3 UWG die Bewertungen, die dazu geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.
Es lohnt sich hier zwei verschiedene Vorgehensweisen zu unterscheiden.
Eigenlob stinkt – auch im Wettbewerbsrecht
Die eigenen Produkte durch Fake-Bewertungen in den Himmel loben. Mit dem Wettbewerbsrecht verträgt sich das nicht.
Grund 1: Verschleierung des Werbecharakters durch Fake-Bewertung
Nach § 4 Nr. 3 UWG handelt unlauter, wer den Werbecharakter von Wettbewerbshandlungen verschleiert. Dieser Tatbestand soll insbesondere verhindern, dass Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer über die wahren - nämlich kommerziellen - Absichten des Händlers getäuscht werden. Fake-Bewertungen dienen dazu, das eigene Angebot positiv herauszustellen und somit den eigenen Wettbewerb zu fördern. Der Verbraucher kann aber nicht erkennen, dass die positiven Bewertungen vom Unternehmer selbst stammen. Fake-Bewertungen unterfallen somit dem Tatbestand des § 4 Nr. 3 UWG.
Grund 2: Irreführende Werbung
Wer derart manipulativ bewertet, verbreitet irreführende Werbung. Und das ist ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Hier werden durch den Unternehmer unwahre und zur Täuschung geeignete Angaben gemacht, nämlich über die wahre Verwendungstauglichkeit des Produktes. Insbesondere wird dem Verbraucher ein verzerrtes und übertrieben positives Bild des bewerteten Produkts oder des bewerteten Unternehmens gezeichnet, das nicht der Realität entspricht. Der Verbraucher, der der Bewertung Glauben schenkt, wird somit getäuscht und in die Irre geführt.
Was schon im Kindergarten gilt: Den anderen schlecht machen, ist unfair
Anders als im bisherigen Fall, lobt sich manchmal ein Mitbewerber nicht selbst, sondern sucht seinen Vorteil darin, den anderen schlecht da stehen zu lassen.
Beispiel: Ein Konkurrenten gibt gezielt negative Bewertungen über seine Mitbewerber ab. Auch das verbietet das Wettbewerbsrecht.
Grund 1: Geschäftsschädigung
Grundsätzlich muss es einem Unternehmer möglich sein, sachliche Kritik an Mitbewerbern und deren Leistungen zu üben. Wer aber nur herabsetzt und verunglimpft, übt keine sachliche Kritik.
Derart schlechte Bewertungen wirken auf die potenziellen Kunden der Mitbewerber in unsachlicher Weise ein und können sie davon abhalten, Verträge mit ihnen abzuschließen oder fortzusetzen. Gezielt schlechte Bewertungen verfälschen damit den Wettbewerb und schädigen den Mitbewerber unnötig. Das verstößt gegen § 4 Nr. 7 UWG.
Grund 2: Fake Bewertungen als unwahre geschäftsschädigende Behauptungen
§ 4 Nr. 8 UWG bezweckt insbesondere den Schutz von Mitbewerbern vor unwahren geschäftsschädigenden Tatsachenbehauptungen (sog. Anschwärzung). Liegen solche vor, ist ebenso ein Wettbewerbsverstoß gegeben.
Grund 3: Gezielte Behinderung
Der Behinderungstatbestand des § 4 Nr. 10 UWG erfasst unmittelbar die sogenannte individuelle Behinderung, also Wettbewerbsmaßnahmen, die sich gezielt gegen einen oder mehrere Mitbewerber richten. Bei gezielt negativen Bewertungen gegen einen Konkurrenten ist dies anzunehmen.
Und so setzen Sie ihr Recht durch:
Wenn Sie Schadensersatz haben möchten, führt meist kein Weg an einer Klage vorbei. Anders, wenn Sie nur möchten, dass ihr Konkurrent sich künftig fair verhält. Hier empfehlen wir, eine Abmahnung auszusprechen. Das funktioniert außergerichtlich. Den Mitbewerber fordern Sie mit Hilfe eines Anwalts auf, eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Tut er dies und verwendet dann weiter Fake-Bewertungen, ist es vor Gericht leicht, Recht zu bekommen.
Weigert sich der Konkurrent, dann kann Unterlassung immer noch auf dem Klageweg im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes oder der Hauptsacheklage erzwungen werden. Diese Aufgabe übernimmt ein Rechtsanwalt.
Auch das Bewertungsportal haftet
Unabhängig von Ansprüchen gegen den eigentlichen Rechtsverletzer, also den Konkurrenten, bestehen Unterlassungsansprüche gegen den Plattformbetreiber. Der Betreiber von Internetplattformen haftet dabei nach den Grundsätzen der sog. Störerhaftung. Rechtlicher Hintergrund ist allgemein, dass derjenige, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beiträgt, in Haftung genommen werden kann. Dies ist immer dann der Fall, wenn Prüfpflichten verletzt wurden.
Hinweis auf konkrete Rechtsverletzung durch Fake-Bewertung
Diese Prüfungspflicht kann erst einsetzen, wenn der Betreiber auf eine konkrete Rechtsverletzung hingewiesen worden ist Deshalb sollte zunächst dem Betreiber der Plattform der Sachverhalt umfassend mitgeteilt werden und die Löschung des Eintrags gefordert werden. Nach Kenntnis des Sachverhalts besteht eine erhöhte Prüf- und Überwachungspflicht des Plattformbetreibers.
Abmahnung wegen Fake-Bewertung
Kommt der Betreiber dieser Aufforderung nicht nach, verletzt er seine Prüfpflicht. Dann können Sie als betroffenes Unternehmen den Betreiber kostenpflichtig durch Ihren Anwalt abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Kommt der Betreiber auch dieser Aufforderung nicht nach, kann der bestehende Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch notfalls im Wege der einstweiligen Verfügung oder der Unterlassungsklage gerichtlich durchgesetzt werden.
Wie sich die verschiedenen Bewertungsplattformen beim Kampf gegen Fake-Bewertungen schlagen, hat die Verbraucherzentrale untersucht. Den Abschlussbericht finden Sie hier.