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Investigativer Journalismus - Rechtslage zur Beschaffung und Verwertung von Informationen

Veröffentlicht am

Investigativer Journalismus befasst sich mit der Aufdeckung von gesellschaftlichen (Beispiel: Diskriminierung), wirtschaftlichen (Beispiel: Korruption) und politischen Missständen (Beispiel: Gesetzgebung)

Wir erklären auf dieser Seite die Rechtslage zum Investigstivjournalismus und beantworten die Fragen

  • wie Presse, Medien und Journalisten investigativ recherchieren dürfen
  • wo die Grenzen liegen, wenn investigativ über Verdächtigungen recherchiert und berichtet wird und
  • welche Strafen drohen können, wenn Journalisten rechtliche Grenzen überschreiten
gulden röttger rechtsanwälte

Ansprechpartner
Karsten Gulden, LL.M. Medienrecht

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht &
Gesellschafter von gulden röttger rechtsanwälte

06131 240950
karsten.gulden@ggr-law.LÖSCHEN.com

Kontaktformular

Was ist investigativer Journalismus?
Beschaffung und Verbreitung von Informationen

Investigativer Journalismus ist weder gesetzlich definiert, noch gesetzlich geregelt.

Es gibt jedoch drei Merkemale, die den investigativen Journalismus auszeichnen:

  1. es werden skandalträchtige investigative Informationen auf eigene Faust des Journalisten aufgedeckt ("Wallraff-Methode")
  2. die Aufdeckung und Offenlegung der Informationen erfolgt gegen die Willen der betroffenen Personen oder Institutionen
  3. es geht um gesellschaftsrelevante Themen aus Politik, Wirtschaft und dem sozialen Bereich (oft auch um kirchliche Sachverhalte)

Kurz gesagt: Es geht um die Aufdeckung von Missständen, Skandalen und Affären, die die Gesellschaft berühren.

Das Bundesverfassungsgericht hebt die Bedeutung des investigativen Journalismus für Presse und Medien hervor:

..zu den verfassungsrechtlich gesicherten Aufgaben der Medien gehört es, investigativ über Verdächtigungen von hohem öffentlichen Interesse zu berichten" BVerfG Beschluss vom 02.05.2018 - 1 BvR 666/17.

Bedeutung des investigativen Journalismus
watchdog

Presse und Medien nehmen eine öffentliche Aufgabe wahr, die der Staat nicht erfüllen kann. Eine freie Presse ist der Grundpfeiler der Demokratie und die Basis des gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozesses. Die Presse ist es, die machtmissbräuchliches Verhalten Einzelner aufdeckt und den Stein ins Rollen bringt, damit der Missbrauch beendet wird. Sie ist der Public Watchdog. 

Wo andere wegschauen, schaut die Presse hin. Wo einige zu Lasten der Allgemeinheit scheffeln, gräbt die Presse nach und ab, wenn es um die Verbreitung von investigativen Informationen geht. Das gefällt nicht allen. 

In unserer Kanzlei helfen wir Presse und Medien täglich, unberechtigte Angriffe von Personen abzuwehren, über die berichtet wird oder über die berichtet werden soll.

Kurios ist dabei meist, dass die Personen aufgrund ihres eigenen Verhaltens in den Blickpunkt der Presse und Medien geraten, was gerne ausgeblendet wird. 

Rechtliche Probleme und Angriffe auf Investigativjournalisten
SLAPP-Klagen und Drohungen

Journalisten, insbesondere freie Journalisten, die investigativ arbeiten, stehen oft vor einer Vielzahl rechtlicher Probleme. Eine Herausforderung sind SLAPP-Klagen, also Klagen, die strategisch eingereicht werden, um Medien einzuschüchtern und sie von weiterer Berichterstattung abzuhalten. Diese Klagen werden oft von wohlhabenden oder mächtigen Personen oder Organisationen eingereicht, um Journalisten finanziell zu belasten und ihre Arbeit zu behindern.

Ein weiteres Problem sind Unterlassungsschreiben, die Journalisten erhalten können, insbesondere wenn sie über sensible Themen berichten oder kontroverse Ansichten vertreten. Diese Schreiben fordern oft eine sofortige Einstellung der Berichterstattung oder die Veröffentlichung eines Widerrufs oder einer Gegendarstellung. In den meisten Fällen wehren wir diese Forderungen für die Verlage erfolgreich ab.

Besonders heikel ist die Verdachtsberichterstattung, bei der Journalisten über mögliche kriminelle Aktivitäten oder Fehlverhalten von Personen berichten, ohne dass die Schuld bereits bewiesen ist. In solchen Fällen müssen Journalisten äußerst vorsichtig sein, um nicht diffamatorisch zu wirken und keine falschen Anschuldigungen zu verbreiten.

Des Weiteren können Journalisten mit verschwörungsideologischen, antisemitischen und rechtsextremen Gruppen oder Individuen konfrontiert werden, über die sie berichten. Diese können versuchen, die Journalisten durch Einschüchterung oder Drohungen zum Schweigen zu bringen.

Anwaltliche Drohschreiben sind ebenfalls eine häufige Taktik, um Journalisten einzuschüchtern und sie von der Veröffentlichung bestimmter Informationen abzuhalten. Diese Drohschreiben enthalten oft rechtliche Forderungen oder Androhungen rechtlicher Schritte, um die Berichterstattung zu stoppen oder zu beeinflussen.

Insgesamt stehen Journalisten, insbesondere solche, die investigativ arbeiten, vor erheblichen rechtlichen Herausforderungen, die ihre Fähigkeit beeinträchtigen sollen, wichtige Geschichten aufzudecken und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es ist wichtig, dass Journalisten über ihre Rechte informiert sind und gegebenenfalls rechtlichen Beistand erhalten, um sich gegen solche Bedrohungen zu verteidigen. In solchen Fällen helfen wir den Journalisten und Medienhäusern.

strafrechtliche Bewertung von Vorgängen
Kritiker dürfen das

Journalisten dürfen prinzipiell auch eine (straf-) rechtliche Bewertung von Vorgängen als eigene Rechtsauffassung zum Ausdruck bringen, selbst dann, wenn diese einer objektiven Beurteilung nicht standhält. Das hat das OLG Zweibrücken hinsichtlich einer fortlaufenden Berichterstattung einer Lokalzeitung betont, die wir dauerhaft vertreten (Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken - 4 U 12/24 - Hinweisbeschluss vom 22.02.2024). 

Der Senat betonte, dass es zulässig ist, über Straftaten zu berichten, da diese zum Zeitgeschehen gehören, dessen Vermittlung die Aufgabe der Presse ist. Verletzt jemand die Rechtsordnung, so wie in unserem Fall, dann darf und muss hierüber berichtet werden.

Journalisten, Presse und Medien sollten sich also nicht einschüchtern lassen, wenn sie Missständen auf der Spur sind. 

Der Fall aus unserer Kanzlei:

4 U 12/24 
Das Pfälzische Oberlandesgericht mit einem klaren Statement für die Pressefreiheit und den investigativen Journalismus

In einem aktuellen Klageverfahren haben wir mehrere Versuche einer Person abgewehrt, wahrheitsgemäße Berichterstattungen über seine Untaten zu unterbinden. 

Der Verlag, der von uns vertreten wird, berichtet seit längerer Zeit über Geschehnisse in der Pfalz, die im Zusammenhang mit einer Person stehen, der sich regelmäßig über Recht und Gesetz hinwegsetzt.
So kam es in der Vergangenheit auch zu Angriffen gegen einen (ehrenamtlichen) Bürgermeister einer Ortsgemeinde. Wer der Täter oder die Täter waren ist bis heute unklar.
Denncoh: Gerade mit Blick auf die breite gesellschaftliche und politische Diskussion über die Situation ehrenamtlich Tätiger darf nicht nur, sondern muss hierüber berichtet werden.

Der Senat verwies in diesem Zusammenhang auf die in einer Vielzahl von Medien diskutierte Rede des Bundespräsidenten vom
11.04.2024 auf einer Gesprächsveranstaltung, www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2024/04/240411-buergermeister-demokratie-beginnt-vor-ort.html)

Der Senat weiter:

Zu den Garantien der Meinungsfreiheit gehört, dass ein Kritiker prinzipiell
auch seine (straf-)rechtliche Bewertung von Vorgängen als seine Rechtsauffassung zum Ausdruck bringen kann, selbst wenn diese objektiver Beurteilung nicht standhält.

Eine umfassende Berichterstattung gehört zum Kern der Pressefreiheit nach Art. 5 GG. Denn zu den verfassungsrechtlich gesicherten Aufgaben der Medien gehört es, investigativ über Verdächtigungen von hohem öffentlichen Interesse zu berichten.

Strafbarkeit des investigativen Journalismus
Unterscheidung zwischen Beschaffung und Verwendung von Informationen

Wenn Journalisten investigativ arbeiten, bestehen Strafbarkeitsrisiken. Dabei muss für die rechtliche Einordnung zwischen der Beschaffung der investigativen Informationen und der späteren Verwednung und Verbreitung der Informationen unterschieden werden.

 

Beschaffung von Informationen
Schutz durch Pressefreiheit?

Das Bundesverfassungsgericht stellte bereits frühzeitig klar, dass eine rechtswidrige Beschaffung von investigativen Informationen nicht von der Pressefreiheit oder der Meinungsfreiheit geschützt sei, vgl. BVerfGE 66,116; 1 BvR 272/81, Beschluss vom 25.01.1984.

So kann sich der Journalist wegen Betruges strafbar machen, wenn die eigene Identität verschleiert wird (Bsp: Wallraff) oder wegen Hausfriedensbruch, wenn in die Wohnung in Geschäftsräume oder andere geschlossene Räume eingestiegen wird, um investigative Informationen zu erlangen.

Denkbar sind auch Strafbarkeiten wegen Datenmissbrauchs. Hier sind die Datenhehlerei und das Ausspähen von Daten zu nennen. 

Daneben kommen Delikte wie Urkundenfälschungen, die Verletzung des Briefgeheimnisses und auch der Missbrauch von Ausweispapieren in Betracht.

Rechtfertigung?

In wenigen Ausnahmefällen kann die rechtswidrige Beschaffung gerechtfertigt sein, wenn es um die Aufdeckung von krassen Missständen geht. Beispiel: Filmaufnahmen aus einem Stall, in dem Tiere unter widrigsten Bedingungen gehalten werden / Verstoß gegen das Tierwohl / Umweltbelange / Kindesmissbrauch etc.

OSINT und andere Quellen für investigative Recherchen
Auskunft

Journalisten der Rechercheredaktionen decken Missstände, Skandale und Affären auf, indem sie zeitintensive Recherchen durchführen. Dabei nutzen sie verschiedene Quellen, darunter Informanten und Whistleblower wie Edward Snowden. Zudem spielen Dokumente eine wichtige Rolle, wie beispielsweise die Panama Papers, die Paradise Papers und die Ibiza-Affäre. Journalisten können auch Lobbyverbände und Organisationen überwachen, um Korruption, Rechtsextremismus oder Waffenexporte aufzudecken.

Gesetze wie das Informationsfreiheitsgesetz und das Landestransparenzgesetz in Rheinland-Pfalz ermöglichen es Journalisten, Informationen von Behörden und Regierungsstellen anzufordern. Diese Behörden haben eine Auskunftspflicht gegenüber den Medien, um das Recht auf öffentliche Berichterstattung zu gewährleisten. 

Themen, die für die Gesellschaft von großer Relevanz sind, werden besonders intensiv untersucht. Dabei greifen Journalisten oft auf OSINT (Open Source Investigation) zurück, um Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen zu sammeln und zu überprüfen.

Verwendung und Verbreitung von investigativen Informationen
investigative Daten

Fraglich ist, inwieweit sich eine rechtswidrige Beschaffung von investigativen Informationen auf die spätere Verwendung auswirkt. 

Grundsatz: Wird mit der Veröffentlichung einer investigativen Information selbst kein Straftatbestand erfüllt, spielt es keine Rolle, ob die investigative Information selbst rechtswidrig erlangt wurde.

Werden einem Journalisten also investigative Informationen zugespielt, die selbst auf strafbare Art und Weise beschafft wurden, darf der Journalist diese investigativen Informationen verbreiten, ohne hierfür bestraft zu werden, Beispiel: "Ibiza-Affäre".

Eine strafbare Beschaffung der investigativen Information durch Dritte muss also nicht zur Strafbarkeit der späteren Veröffentlichung führen.

Dies stünde auch der öffentlichen Aufgabe von Presse und Medien entgegen, Missstände aufzudecken und hierüber zu berichten.

 

Rechtfertigung für investigative Vorgehensweise
Straffreiheit für Journalisten

Auch Journalisten können sich strafbar machen, wenn sie bspw. fremde Grundstücke betreten oder in Geschäftsräume gegen den Willen der Geschäftsinhaber einsteigen.

Allerdings dürfen Journalisten selbst dann investigativen Informationen verbreiten, ohne hierfür bestraft zu werden, wenn die investigativen Informationen auf strafbare Art und Weise von Informanten beschafft wurden, wenn es um die Aufdeckung von Missständen geht, die die Gesellschaft berühren.

Empfehlung an Presse und Medien
Abwägung vornehmen

Investigativer Journalismus ist notwendig für ein Funktionieren unserer Demokratie und unseres Rechtsstaates. Presse und Medien ist anzuraten, immer auch die möglichen Rechtsverletzungen im Auge zu behalten, die bei der investigativen Arbeit begangen werden können. Eine Publikation von Informationen, die auf strafbare Art und Weise erlangt wurden sollte nur erfolgen, wenn es um überragende Belange geht, die der Öffentlichkeit zugetragen werden müssen.

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Karsten Gulden

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und zertifizierter Mediator

Karsten Gulden ist Rechtsanwalt & Mediator; Mitgründer und Gesellschafter der Kanzlei gulden röttger rechtsanwälte, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht seit 2009, Wahlfachprüfer beim Justizministerium Mainz/Rheinland-Pfalz und Mitglied im NetzDG-Prüfausschuss der FSM.
Zudem ist er ein Familienmensch, der das Klettern, die Berge & das Campen liebt. Die meiste freie Zeit verbringt er mit der Familie & den Pferden in freier Natur.

[email protected]
+49-6131-240950

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Ja, Medien haben auch positive Aspekte, wie die Verbreitung von Wissen und die Förderung von sozialem Engagement.

Soziale Medien sind oft Plattformen, auf denen Medienmanipulation stattfindet, da sie eine schnelle Verbreitung von Informationen ermöglichen.

Medienmanipulation kann unsere Gesellschaft durch die Verbreitung von Desinformation und die Spaltung von Meinungen beeinflussen.

Um sich vor Medienmanipulation zu schützen, ist es wichtig, kritisch zu sein, Informationen zu hinterfragen und Medienkompetenz zu fördern.

Die häufigsten Formen der Medienmanipulation umfassen Falschnachrichten, Clickbait, Sensationalismus und die gezielte Manipulation unserer Emotionen.

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