BGH-Urteil: Müssen Autobauer bei YouTube-Clips Abgaswerte und den Kraftstoffverbrauch angeben?
Beste Freunde werden die Deutsche Umwelthilfe und die Autoindustrie sicher nie werden. Das liegt nicht nur am derzeit anhaltenden Siegeszug des Vereins vor den deutschen Verwaltungsgerichten (Stichwort: Fahrverbote). Grund dafür ist auch die Beharrlichkeit, mit der die Umweltschützer Autohersteller auch anderenorts verklagen, wo sie nur können.
Die Umwelthilfe ist durch das deutsche Recht als Verbraucherschutzverband anerkannt, und kann daher Klagen, wo normalen Bürgern der Rechtsweg verwehrt bleibt.
So ging es kürzlich vor dem Bundesgerichtshof um eine Klage gegen den Autohersteller Peugeot (BGH 13.9.2018, I ZR 117/15). Es ging nicht um Diesel, aber trotzdem um Abgaswerte. Diese (und den Kraftstoffverbrauch) hätte Peugeot bei einem kurzen Werbeclip auf YouTube einblenden müssen, meinte die Umwelthilfe. Das zuständige Landgericht gab dieser Forderung statt, auch das Oberlandesgericht bestätigte das Urteil. Der Fall landete vor dem Bundesgerichtshof, der das Verfahren erst einmal aussetzte und den Europäischen Gerichtshof um Interpretationshilfe des EU-Rechts bat:
"Betreibt derjenige, der bei dem Internetdienst YouTube einen Videokanal unterhält, von dem Internetnutzer kurze Werbevideos für Modelle neuer Personenkraftwagen abrufen können, einen audio-visuellen Mediendienst […]?“
Wäre das der Fall, müsste Peugeot keine für das Unternehmen lästige Einblendung in seine Werbeclips einbauen. Der Grund? Sogenannte „audio-visuellen Mediendienste“ sind beim Thema Autowerbung privilegiert. Das steht in § 5 Pkw-EnVKV geschrieben.
Hersteller und Händler, die Werbeschriften erstellen, erstellen lassen, weitergeben oder auf andere Weise verwenden, haben sicherzustellen, dass in den Werbeschriften Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 gemacht werden.
Das heißt: Handelt es sich bei dem Clip um keinen audio-visuellen Mediendienst, muss Peugeot offiziellen Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen angegeben.
Was ein solcher audio-visueller Mediendienst nun genau ist, verrät das Gesetz nicht ganz zuverlässig. Zwar gibt es eine offizielle Definition, für jeden Einzelfall eindeutig ist diese aber nicht. Der Europäische Gerichtshof stellte deshalb klar: Weder der Werbevideo-Kanal noch das Video als solches sind ein audio-visueller Mediendienst.
Damit steht nun nach einem dreijährigen Rechtsstreit, der insgesamt vier Gerichte beschäftigt hat, fest:
In Peugeots 15 Sekunden langen Clip fehlten zwei informative Sätze.
Und: Für Autowerbung auf YouTube gelten dieselben Maßstäbe wie anderenorts auch.
Die Deutsche Umwelthilfe kann sich über einen weiteren kleinen Sieg gegen die Autoindustrie freuen.
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