Sind Streaming Dienste wie kinox.to, movie4k.to legal oder illegal?
Darf man solche Streaming-Dienste benutzen oder droht eine Abmahnung?
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Wer bisher aktulle Kinofilme und Serien über Streaming Portale wie kinox.to und movie4k.to angeschaut hat, befand sich in der Grauzone. Nach dem Urteil des EuGH vom 26.04.2017 Az.: C-527/15 "Streaming" stellt das Betrachten eines Streaming-Angebotes dann eine Urheberrechtsverletzung dar, wenn es sich um ein offensichtlich rechtswidriges Angebot handelt. Aktuelle Kinofilme oder Serien auf Plattformen wie kinox.to, movie4k.to, etc. werden zukünftig sicherlich als "offensichtlich rechtswidrige Angebote" eingestuft werden. Die tatsächliche Abmahngefahr ist weiterhin eher als gering einzustufen, da die Nutzer nur äußerst schwer ermittelt werden können.
Ansprechpartner Tobias Röttger, LL.M. Medienrecht
Rechtsanwalt & Gesellschafter von gulden röttger rechtsanwälte
Warum sind Streaming Portale wie kinox.to und movie4k.to so beliebt?
Aktuelle Kinofilme und Serien zum Nulltarif
Streaming-Portale wie movie4k.to und kinox.to sind äußerst beliebt. Aktuelle Kinofilme, die teilweise noch im Kino laufen oder gerade erst als DVD / Blu-Ray rausgekommen und TV-Serien, die teilweise noch nicht im Free-TV gelaufen sind, kann man sich dort kostenlos per Streaming anschauen. Die beiden Portale haben monatlich in Deutschland ca. 100.000.000 Aufrufe.
Ist das Anschauen von Filmen über die Streaming Portale kinox.to, movie4k.to und Co illegal?
Der EuGH (C-527/15 "Streaming") hat entschieden
Der EuGH hat in seinem neusten Urteil die Urheberrechte im Internet gestärkt und illegales Streamen aus der rechtlich grauen, in die rechtlich rote Zone befördert.
Zwar ging es in dem Fall zunächst nur um einen externen Streamingplayer („filmspeler“, Niederlande), jedoch lässt sich die Entscheidung auf die Nutzung von Streamingportalen übertragen.
Bisher konnten sich User von illegalen Streamingseiten noch sicher fühlen, da hauptsächlich gegen die Betreiber der Seiten vorgegangen wurde. In dem Streaming sah die gängige rechtliche Meinung keine Vervielfältigung, sondern lediglich eine kurzzeitige, vorübergehende Speicherung und damit eine Ausnahme zur urheberrechtsverletzenden Handlung, § 44a UrhG.
44a Nr. 2 UrhG Vorübergehende Vervielfältigungshandlunge:
"Zulässig sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist, eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben".
Fünf Voraussetzungen müssen vorliegen, damit die Schranke des § 44a UrhG greift und das Betrachten des illegal eingestellten Streaming-Angebotes nicht den Tatbestand der Urheberrechtsverletzung erfüllt.
Vorübergehende Vervielfältigungshandlung
Flüchtig oder begleitend
Vervielfältigung als integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens
Rechtmäßige Nutzung
Eigenständige wirtschaftliche Bedeutung der Zwischenspeicherung
Die Voraussetzungen 1 - 3 kann man beim Streaming problemlos bejahen. Die Punkte 4 und 5 verneint der EuGH bei offensichtlich rechtswidrigen Streaming-Angeboten. Der EuGH ist der Ansicht, dass Handlungen der vorübergehenden Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werks durch Streaming von der Website eines Dritten, auf der dieses Werk ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers angeboten wird, grundsätzlich die normale Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke beeinträchtigen und die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber ungebührlich verletzen.
Der EuGH führt in seinem Urteil aus, dass die Ausnahmevorschrift § 44a UrhG zusätzlich verlange,
„dass die normale Verwertung des Werks nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechteinhabers nicht ungebührlich beeinträchtigt werden“.
Streaming Nutzer schauen sich jedoch vorsätzlich umsonst Filme/Serien an, für die sie eigentlich zahlen müssten, weshalb die zusätzliche vom EuGH geforderte Bedingung beim Streamen offensichtlich illegaler Angebote nicht vorliege.
Wann liegen offensichtlich rechtswidrige Angebote vor?
Bisher nicht geklärt ist, wann ein solches Angebot „offensichtlich rechtswidrig“ ist, da die verschiedenen Plattformen von ihrem Erscheinungsbild her sehr differieren. Man kann aber davon ausgehen, dass Angebote wie kinox.to oder movie4k.to, bei denen man kostenlos aktuelle Kinofilme oder Serien anschauen kann, zukünftig wahrscheinlich als "offensichtlich rechtswidrig" eingestuft werden. Denn der durchschnittliche Konsument kann sich sicherlich denken, dass die Rechteinhaber keine sich aktuell in der Verwertungsphase befindlichen Kinofilme oder Serien kostenfrei zum Anschauen anbieten.
Streaming-Anbieter wie Netflix, Amazon Prime und Co. stellen keine offensichtlich rechtswidrigen Angebote dar. Gespannt darf man sein, ob man zukünftig illegal auf YouTube eingestellte Angebote als offensichtlich rechtswidrige Angebote einordnen wird ⇒ Ist das Einbinden von YouTube Videos auf Facebook eine Urheberrechtsverletzung?
Es spricht einiges dafür, dies zu verneinen. Zahlreiche Rechteinhaber, auch aus der Film- und Serienindustrie, nutzen gezielt YouTube, um ihren Content zu promoten. Daneben verwendet YouTube ein Content ID System, mittels dessen Rechteinhaber illegal eingestellten Content beseitigen und verfolgen lassen können, so dass der YouTube User grundsätzlich davon ausgehen dürfen sollte, dass es sich bei den auf YouTube eingestellten Inhalten nicht um offensichtlich rechtswidrige Angebote handeln muss ⇒ Was ist ein Content ID - Anspruch und wann hat man einen?
Selbstverständlich kann man darüber streiten, ob diese Einordnung auch dann noch gilt, wenn ein aktueller Kinofilm von einem Dritten ohne Einwilligung der Rechteinhaber auf YouTube hochgeladen wird. Hier muss man abwarten, wie sich die Rechtsprechung entwickelt. Bisher sind mir keine Abmahnungen oder Klagen gegen Personen bekannt, die einen illegal auf YouTube veröffentlichten Film angeschaut haben.
Können Nutzer von illegalen Streamingangeboten wie kinox.to abgemahnt werden?
Das Risiko einer Abmahnung ist durch dieses Urteil gestiegen, da das Streamen "offensichtlich rechtswidriger Angebote" nun eine abmahnfähige Urheberrechtsverletzung darstellt §§ 97 I 1, 97a UrhG. Der (rechtliche) Weg zu Abmahnungen gegen Betreiber und Nutzer ist eröffnet.
Werden Nutzer von Streaming-Portalen wie kinox.to, movie4k.to tatsächlich abgemahnt?
Auch wenn man das Betrachten eines solchen Streaming-Angebotes auf kinox.to oder movie4k.to als Urheberrechtsverletzung einstuft, besteht wohl aktuell keine erhebliche Abmahngefahr für die User der Streaming-Portale. Bisher ist mir keine einzige ernstzunehmende Abmahnung wegen Streamings bekannt. Bisher wurden primär Nutzer von vermeintlichen Streaming Plattformen wie Popcorn Time massenhaft abgemahnt.
Das hat aber auch einen ganz einfachen Grund. Popcorn Time ist kein richtiges Streaming Portal, sondern verwendet die P2P Technologie. Es handelt sich dabei um eine Filesharing Tauschbörse, wie bittorrent und Co.
Faktisch ist es äußerst schwierig, einen Streaming-User überhaupt mit legalen Mitteln zu ermitteln. Die Diensteanbieter müssten zur Identifizierung der Nutzer an deren IP Adresse und die dazu gehörige Nutzerkennung gelangen. Die IP Adresse ist jedoch lediglich den Streaminganbietern/Portalbetreibern bekannt, welche meist anonym aus dem Ausland agieren. Die Fahnder müssten Zugriff auf die Server haben, auf denen die Filme und TV-Serien gehostet sind. Lediglich registrierte Benutzer, bzw. „Premium User“ könnten durch ihren Account bei einer Durchsuchung der Datenbanken des Streamingportals schneller erfasst werden. Das ist vergleichbar mit den One-Click-Hostern, auch hier kommt man nicht so leicht an die Daten der Nutzer, da kein Upload seitens der Downloader stattfindet ⇒ Uploaded.net und Co – Sind One-Click-Hoster / Filehoster / Sharehoster legal?
Auch nach dem Ende von kino.to kam es meines Wissens nach zu keiner einzigen Streaming-Abmahnung, obwohl dies damals befürchtet worden ist.
Daher kann man aktuell aus praktischen Gründen die Abmahngefahr eher als gering einstufen.