Das Landgericht Würzburg hat einer Rechtsanwältin untersagt, ihre Webseite weiter zu betreiben. Klingt unspektakulär? Ist aber hochbrisant. Es geht um Datenschutz- und Wettbewerbsrecht und ob beides zusammengenommen Abmahnen möglich macht.
Nun ist sie also da, die wohl erste einstweilige Verfügung eines deutschen Gerichts auf Grundlage der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Der Verlierer: Ausgerechnet eine Anwaltskanzlei. Diese hatte eine Webseite betrieben, in deren Impressum sich eine 7-zeilige Datenschutzerklärung befand. Diese Datenschutzerklärung entsprach - den Richtern des Landgerichts Würzburg zufolge - nicht den Vorgaben der DSGVO. Es fehlten beispielsweise verschiedene Angaben zur Datenerhebung und deren Zweck, schreiben die Richter in dem lediglich drei Seiten langen Beschluss (LG Würzburg, Beschluss v. 13.9.2018, Az. 11 O 1741/18).
Die rechtliche Anordnung: Ohne entsprechende Datenschutzerklärung, darf die Kanzlei die Webseite nicht mehr betreiben. Täte sie es doch, würde ein hohes Ordnungsgeld drohen. So ist es üblich bei sogenannten Unterlassungsansprüchen.
Besonderheit an dem Fall
Das Besondere an diesem Beschluss ist gar nicht die Feststellung des Gerichts, dass die Datenschutzerklärung der Kanzlei nicht den rechtlichen Vorgaben der DSGVO entspricht. Viele Webseiten sind derzeit nicht optimal an die datenschutzrechtlichen Vorgaben angepasst. Das ist angesichts der teils noch unklaren Rechtslage normal. Erstaunlich ist vielmehr, dass einer anderen Rechtsanwaltskanzlei – ja, auch der Kläger war ein Rechtsanwalt - deswegen ein Anspruch zugesprochen wurde, und auf welche Weise dies geschehen ist.
Normalerweise haben Privatleute nur dann eine Möglichkeit, wegen DSGVO-Verstößen zu klagen, wenn ihnen persönlich ein Schaden entstanden ist. Schadensersatz kann es etwa geben, wenn durch ein Datenleck persönliche Informationen oder sensible Daten öffentlich werden. Sprich: Der Datenschutzverstoß muss in irgendeiner Form „spürbar“ sein.
Hier ist die Sachlage aber anders. Wer die rechtliche Grundlage für den Würzburger Beschluss in der DSGVO suchen würde, hätte keinen Erfolg. Sie liegt nämlich im Wettbewerbsrecht. Ein Rechtsgebiet, das in Geschäftsleben ein faires Miteinander gewährleisten soll.
Die Würzburger Richter sagen vereinfacht: Dadurch, dass auf der Anwaltswebseite gegen die DSGVO verstoßen wird, hat der andere Rechtsanwalt einen Wettbewerbsnachteil, gegen den er mittels einer Abmahnung vorgehen kann.
Weshalb das so sein soll, erklären die Richter nicht weiter, verweisen aber immerhin auf die Rechtsprechung zum alten Datenschutzrecht. Diese Rechtsprechung geht zwar in die Richtung, dass auch ein Verstoß gegen bestimmte Datenschutznormen dem Wettbewerb schaden kann. Fest steht aber dennoch: Der Fall liegt in einem der umstrittensten Schnittstellen zwischen Datenschutz- und Wettbewerbsrecht.
Und aus diesem Grund, könnte auch nach diesem Beschluss die große „Abmahnwelle“ ausbleiben. Was das eine Landgericht beschließt, muss die Richter anderer Gerichte nicht zwangsläufig überzeugen. Selbst wenn also eine derartige Abmahnung im Briefkasten landen sollte, ist das aktuell noch mehr ein anwaltliches Freiluftexperiment als eine echte rechtliche Gefahr.
Kommentar schreiben