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Prüfungspflichten von Bewertungsportalen bei bestrittenem Behandlungskontakt – Was Ärzte wissen sollten

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Als Arzt haben Sie das Recht, sich gegen ungerechtfertigte Bewertungen auf Portalen zu wehren – wir helfen Ihnen, Ihre Reputation zu schützen und unzulässige Einträge schnell und effektiv löschen zu lassen.

Als Arzt können Sie gegen ungerechtfertigte Bewertungen auf Bewertungsportalen vorgehen, insbesondere wenn kein Behandlungskontakt bestand. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass Bewertungsportale bereits dann tätig werden müssen, wenn Sie behaupten, dass es keinen Kontakt mit dem bewertenden Patienten gab.  

Ihre Rechte als Arzt:
- Sie müssen nicht detailliert erklären, warum kein Behandlungskontakt bestand. Ihre einfache Aussage reicht aus.  
- Das Bewertungsportal ist verpflichtet, die Situation zu prüfen.  
- Diese Pflicht gilt auch, wenn die Bewertung auf den ersten Blick nach einem echten Behandlungskontakt aussieht.  

Was Bewertungsportale tun müssen:
- Sie müssen die Bewertung genau prüfen, um mögliche Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu vermeiden.  
- Reagieren die Betreiber nicht, können Sie als betroffener Arzt rechtliche Schritte einleiten, um die Löschung der Bewertung zu erreichen.  

Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, Ihre Rechte gegenüber Bewertungsportalen durchzusetzen und sich gegen unwahre oder schädliche Bewertungen zu wehren. Sprechen Sie uns an, wenn Sie betroffen sind!  

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Rechtsprechung zum Thema: OLG München, Endurteil v. 06.08.2024 – 18 U 2631/24 Pre e sowie:

Das LG Braunschweig hat in seinem Urteil vom 28.11.2018, Az. 9O 2616/17 das Ärztebewertungsportal jameda.de verurteilt es zu unterlassen, eine Bewertung eines Arztes auf dem Portal Jameda zugänglich zu machen.

Auf der Plattform wurde ein Arzt anonym von einem angeblichen Kassenpatienten im Schulnotensystem bewertet und erhielt dabei die Gesamtnote 5,0. Hiergegen wendete sich der Neurologe an jameda.de mit der Begründung, die bewertete Behandlung habe nicht stattgefunden und der Eintrag solle entfernt werden.

Daraufhin nahm der Betreiber des Portals die Bewertung offline und trat an den Verfasser heran und verlangte eine Stellungnahme. Nach erfolgter Stellungnahme veröffentlichte Jameda die Bewertung wieder. Auf eine weitere Anfrage des Arztes, die Bewertung zu entfernen, veranlasste Jameda eine weitere Stellungnahme seitens des Verfassers. In dieser Stellungnahme wurde die Lage der Praxis beschrieben, angeführt als Beweis der Bewertende sei Patient gewesen. Dies ließ der Arzt nicht ausreichen und forderte den Betreiber abermals zur Löschung des Beitrags auf. Daraufhin erklärte der Betreiber strittige Tatsachenbehauptungen in der Bewertung entfernt zu haben, sie aber weiterhin online zu lassen.

Der Arzt wendete ein, in dem betreffenden Zeitraum nicht in der Praxis gearbeitet zu haben und darüber hinaus auch in der Praxisdatenbank keinen Patienten mit den in der Bewertung beschriebenen Symptomen identifizieren zu können, um seinerseits die Behauptungen des Verfassers der Bewertung überprüfen zu können.

Der Arzt ging vor Gericht und behauptete, Jameda habe seiner Prüf- und Verhaltenspflicht als Hostbetreiberin nicht genüge getan.

Das LG Braunschweig gab ihm Recht. Es sah den sozialen Geltungsanspruch des Klägers als Arzt verletzt.

Zur Begründung des Jameda Urteils

Die Löschung bestimmter Aussagen und das erneute Wiederhochladen ließen zwar auf eine unmittelbare Störereigenschaft schließen, so die Richter,  da der Betreiber sich die Aussagen des Verfassers zu eigen gemacht haben könnte, dies sei hier jedoch unerheblich, da der Betreiber mindestens als mittelbarer Störer anzusehen sei.

Als Betreiber eines Bewertungsportals sei es Pflicht, die Persönlichkeitsrechtsverletzungen in Beiträgen zumindest nach Aufforderung ordnungsgemäß und vollumfänglich zu überprüfen und ggfs. Konsequenzen zu ziehen. Vorliegend habe es nicht genügt, dass der Betreiber Jameda beim Verfasser mehrere Stellungnahmen eingeholt habe. Insbesondere reichte es dem Gericht nicht, dass der Verfasser Angaben zur Lage der Praxis, Behandlungszeitraum und Art des Behandlungsgrundes machte. Diese Angaben könnten von jedem gemacht werden, insbesondere könnte der Verfasser die Angaben leicht aus dem Internet oder sonstigen Quellen haben.

Die Aussagen reichten auch nicht aus, um dem Arzt die Identifikation des Patienten zu ermöglichen und damit die Überprüfung der Aussagen selbst durchzuführen, insbesondere da er dies vorliegend versucht hatte, es aber nicht gelang. Grundsätzlich läge die Darlegungs- und Beweislast in solchen Fällen zwar beim Kläger, aber wenn es diesem nicht möglich sei, mit den ausgeführten Informationen seinerseits eine Identifikation und damit eine Überprüfung der behaupteten Tatsachen zu machen, träfe den Betreiber eine sekundäre Beweislast, wenn dem Kläger keine weitere Möglichkeit zur Sachaufklärung zur Verfügung stünde.

Um den strittigen Beitrag dennoch weiterhin abrufbar zu machen, hätte Jameda den Verfasser daher zu weiteren Angaben, insbesondere der Beibringung eines Behandlungsbeweises, zB in Form von Rechnungen, Rezepten ö.ä. auffordern müssen. Wären diese Beweise erbracht worden, wäre der Betreiber seiner Prüfpflicht ausreichend nachgekommen.

Insbesondere verwies das Gericht den Betreiber darauf, dass der Verfasser angeblich Kassenpatient sei, diese wiederum gegen ihre Kasse einen Anspruch auf Auskunft zu Behandlungen und sonstigen Kassenleistungen aus §305 SGB V hätten und somit ein Nachweis der Behandlung trotz fehlender Rechnung oder Rezepte durchaus gelingen kann.

Weiter hätte der Verfasser auch dazu aufgefordert werden können, einen Behandlungsbeleg direkt bei der Praxis anfordern zu können.

Diesen Anforderungen kam der Betreiber nicht nach und genügte somit seiner Prüfpflicht als mittelbarer Störer nicht.

Konsequenzen des Urteils gegen Jameda

Das Urteil konkretisiert die Prüf- und Verhaltenspflichten des mittelbaren Störers (des Betreibers) bei Bewertungsportalen. Es nimmt den Betreiber weitreichender in die Pflicht, sämtliche Möglichkeiten zum Beweis einer strittigen Behandlung voll auszuschöpfen und auch den Verfasser einer Bewertung dazu aufzufordern, seine (rechtlichen) Möglichkeiten, insbesondere als Kassenpatient den Auskunftsanspruch aus § 305 SGB V wahrzunehmen, um die Behandlung zu beweisen.

In Zukunft werden Betreiber eines Bewertungsportals gerade für ärztlichen Tätigkeiten dieser Prüfpflicht nachkommen müssen, wenn es zu einer Beanstandung einer anonymen Bewertung kommt.

Karsten Gulden, LL.M. Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht befürwortet die Konkretisierung der Prüfpflichten:

"Die Portale stehen nun stärker in der Pflicht"

Ob eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf andere berufsfeldbezogene Bewertungsportale, bei denen ähnliche rechtliche Möglichkeiten der Beweiseinholung (zb wie hier in Form von Auskunftserteilungen) bestehen, vorgenommen werden kann, bleibt abzuwarten. Jedoch ist festzuhalten, dass die Tendenz  insgesamt zu einer konkreteren und weitreichenderen Überprüfungspflicht zu Lasten der Portalbetreiber führt.

Ansprechpartner

Karsten Gulden
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht LL.M. und Mediator

Karsten Gulden ist Rechtsanwalt & Mediator; Mitgründer und Gesellschafter der Kanzlei gulden röttger rechtsanwälte, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht seit 2009, Wahlfachprüfer beim Justizministerium Mainz/Rheinland-Pfalz und Mitglied im NetzDG-Prüfausschuss der FSM.
Zudem ist er ein Familienmensch, der das Klettern, die Berge & das Campen liebt. Die meiste freie Zeit verbringt er mit der Familie & den Pferden in freier Natur.

[email protected]
+49-6131-240950

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