In einer aktuellen Entscheidung (Beschl. v. 30.01.2019, Az. 10 B 11552/18) hat das OVG Koblenz entschieden, dass eine kritische Äußerung einer Bürgermeisterin gegenüber der AfD im Rahmen der Veranstaltung eines „Poetry-Slams“ nicht rechtswidrig war.
Was darf ein Bürgermeister bzw. eine Bürgermeisterin sagen und was nicht?
Der Jugendstadtrat in Speyer hatte im September 2018 einen „Poetry-Slam“ unter dem Motto „Speyer ohne Rassismus – Speyer mit Courage“ veranstaltet.
Eine Teilnehmerin, 14 Jahre und Tochter einer AfD-Politikerin, trug folgende Zeilen eines selbst geschriebenen Gedichtes vor:
„Weil er kein Fräulein haben kann, hilft er schnell nach mit - einem Messer… Nun steckt das Messer dir im Bauch, denn so ists im Orient Brauch.“
Als die Bürgermeisterin der Stadt Speyer, Monika Kabs (CDU), zu diesen Passagen gefragt wurde, antwortete sie, dass es sich in diesem Fall um eine „öffentliche Provokation der AfD" handle und sagte „geistige Brandstifter schüren Ängste“.
Daraufhin forderte die Jugendliche von der Stadt Speyer eine Unterlassungserklärung abzugeben, jedoch erfolglos. Auch der Antrag auf einstweilige Anordnung im Eilverfahren wurde vom zuständigen Verwaltungsgericht Neustadt a. d. W. abgelehnt. Das OVG Koblenz wies die anschließende Beschwerde zurück.
Aussage als Werturteil
Nach Ansicht der Richter war die Aussage der Bürgermeisterin, dass es sich bei dem Gedicht um eine Provokation der AfD handele, als Werturteil gerechtfertigt. Die Jugendliche habe durch ihr Gedicht den Bezug zur AfD selbst hergestellt, indem sie sich auf Flüchtlinge bezieht und diese pauschal verunglimpft. Ebenfalls sei nicht außer Acht zu lassen, dass der Kreisvorsitzende der AfD bereits im Vorfeld zum Besuch der Veranstaltung aufgerufen hat.
Amtliche Äußerungen müssen sachlich und neutral sein
Bei den Äußerungen der Bürgermeisterin gegenüber der Presse handelt es sich um eine amtliche Äußerung, welche die Bürgermeisterin als Teil der Stadt Speyer getätigt hat. Einem kommunalen Amtsträger ist es grundsätzlich gestattet, sich zu Angelegenheiten der Gemeinde im Rahmen seines Aufgabenbereichs zu äußern. Seine Grenzen findet diese Befugnis in den Rechten Anderer, vor allem wenn Parteien betroffen sind.
Gegenüber politischen Parteien muss stets das sog. Neutralitätsgebot, welches aus dem Recht der Parteien auf Chancengleichheit folgt, eingehalten werden. Hieraus ergibt sich die Pflicht von Amtsträgern sich gegenüber (konkurrierenden) Parteien neutral zu verhalten. Insbesondere mit Blick auf den Wahlkampf ist die Einhaltung des Neutralitätsgebots von enormer Bedeutung.
Ein weiterer wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit Äußerungen von Amtsträger ist das sog. Sachlichkeitsgebot. Dieses verlangt, dass mitgeteilte Tatsachen zutreffend wiedergegeben werden und Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen. Und so war es auch mit der Äußerung der Bürgermeisterin. Denn dadurch, dass die Jugendliche durch ihr Gedicht selbst den Bezug zur AfD hergestellt hat, ist die Äußerung als Werturteil gerechtfertigt. Folglich besteht ein zutreffender Tatsachenbezug, welcher auch sachlich angemessen war. Losgelöst von dieser ganzen Thematik sei aber auch zu berücksichtigen, dass eine fremdenfeindliche Äußerung im Rahmen einer Veranstaltung unter dem Motto „Speyer ohne Rassismus – Speyer mit Courage“, durchaus als Provokation bezeichnet werden dürfe.
Wann Äußerungen eines Bürgermeisters rechtswidrig sein können, zeigt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem sog. „Lichter Aus!“-Fall (Urteil vom 13. September 2017, Az. BVerwG 10 C 6.16).
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