Ein Artikel des Senders „Deutsche Welle“ zeigt erlaubterweise Symbole des sogenannten Islamischen Staats. Ein Mann teilt diesen Artikel auf Facebook und wird strafrechtlich verurteilt. Das Bayrische Oberste Landesgericht ist damit nicht einverstanden.
Propagandamittel verfassungswidriger Organisationen
Das Verbreiten von „Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen“ ist in Deutschland eine Straftat. Wer solche Zeichen verbreitet oder öffentlich zugänglich macht, kann mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe rechnen, § 86 StGB. Auch die Zeichen des sogenannten Islamischen Staates sind verboten.
Gäbe es in dieser Norm nicht den Absatz 3, stünden viele Historiker und Journalisten mit einem Fuß im Gefängnis, wenn sie über Nazizeit oder islamistischen Terror berichteten.
Keine Straftat begeht, wer diese Zeichen zur „staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken“ verwendet.
Das Foto dieses Artikels der Deutschen Welle, auf dem Kämpfer des IS mit Mützen des IS zu sehen sind, durfte durch die Journalisten also verwendet werden.
Ein Facebook-Nutzer, der diesen Artikel auf Facebook teilte, soll sich aber gerade wegen obiger Norm strafbar gemacht haben, befand das Amtsgericht Augsburg im September 2019 – Geldstrafe.
Strafbar für das Teilen von seriösem Journalismus?
Das Bayrische Oberste Landesgericht hob diese Verurteilung des Mannes nun auf. Medienberichten zufolge hat das Gericht das Augsburger Amtsgericht zur erneuten Entscheidung aufgefordert. Damit kann das Amtsgericht das Urteil zwar noch immer bestätigen, muss sich aber differenzierter mit der Meinungsäußerung des Angeklagten 24-jährigen Tschetschenen befassen. Dass der Angeklagte durch das Teilen nur Kritik am IS äußern wollte, hatte das Amtsgericht nicht akzeptiert.
Mit der Meinungsfreiheit dürfte es kaum zu vereinbaren sein, dass das Teilen von rechtmäßiger Presseerzeugnisse strafrechtlich relevant ist, wenn der Teilende nicht ausdrücklich selbst Propaganda machen will.
Die Deutsche Gesellschaft für Freiheitsrechte kritisierte, dass der Tschetschene als einziger der rund 80 Personen verfolgt worden sei, die den Artikel geteilt hatten. Auch der Deutsche Journalisten-Verband hatte das ursprüngliche Urteil kritisiert.
Fazit
"Seriöser" Journalismus darf geteilt werden. Hierzu zählen in der Regel insbesondere die deutschen Tageszeitungen und auch die Meldungen des öffentlichen rechtlichen Rundfunks oder der dpa.
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