Manipulationsverdacht - Jameda deckt Fake-Bewertungen auf!
Update vom 10.07.2019
Stellungnahme hierzu:
Wie sollten sich Bewertungsportale in Sachen Fakebewertungen verhalten? - Stellungnahme hierzu:
Aktuell stelle ich einen gewissen Aktionismus in den Reihen der Bewertungsportale fest, wenn es um die Behandlung und Verhinderung von Fakebewertungen geht. Grund ist möglicherweise die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts zu den Bewertungsportalen. Dort war ich kürzlich als Rechtsexperte eingeladen und habe meine Anregungen dargelegt, wie sich das System der Bewertungsportale gänzlich überprüfen lassen kann und welches Entwicklungspotential vorhanden sein könnte. Hierüber habe ich vor einigen Tagen bereits berichtet.
Aus Sicht der Patienten und Verbraucher ist es sicherlich wichtig, dass die Portale Manipulationen nicht zu lassen wollen und gegen Manipulationsversuche vorgehen. Eine konsequente Überprüfung von Verdachtsfällen stärkt das Vertrauen der Verbraucher und Patienten in die Portale. Erforderlich ist jedoch die Implementierung eines transparenten und strukturierten Qualitätsmanagements, welches nach außen hin publiziert wird. So wissen alle Beteiligten, unter welchen Voraussetzungen eine Bewertung abgegeben werden darf, wo die Grenzen sind und wie verfahren wird, wenn es zu einem Manipulationsverdacht kommt. Die Bewertungen sind mittlerweile derart essenziell wichtig, dass die Bewertungsportale hier nicht einseitig handeln können und dies auch nicht dürfen. Die Rechtsprechung ist hier in Entwicklung und wird sicherlich noch einige notwendige Urteile liefern. Bis dahin muss man jedoch nicht abwarten - weder als Bewertungsportale, noch als Arzt oder Unternehmen, die bewertet werden.
Aktuell liegt unserer Kanzlei ein Fall vor, in dem das Bewertungsportal jameda per anwaltlichem Schreiben Ärzte darüber informiert, dass ein Netzwerk von Anbietern für Fakebewertungen für das Portal jameda aufgedeckt worden sei. Dem Arzt, der uns mandatiert hat, wird darauf hingewiesen, dass auf seinem Profil angeblich gefälschte positive Bewertungen veröffentlicht worden seien.
Jameda weist darauf hin, dass unter anderem die E-Mail und IP-Adresse der Bewerter vorlägen, welche für Bewertungsanbieter tätig seien, die den Arzt auf jameda bewertet hätten.
Im Anschluss wird der Arzt darauf hingewiesen, dass der Kauf von positiven Bewertungen eine wettbewerbswidrige Handlung sei. Der Arzt würde gegen die Vorschriften des UWG verstoßen.
Zudem läge ein Verstoß gegen das Telemediengesetz vor, da jegliche kommerzielle Kommunikation als solche gekennzeichnet sein müsse.
Zu guter letzt läge ein Verstoß gegen § 27 Abs. 3 der Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte vor (berufswidrige Werbung).
…berufswidrige Werbung ist Ärztinnen und Ärzten untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Ärztinnen und Ärzte dürfen eine solche Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden…
Man habe bisher davon abgesehen, den Vorgang der Ärztekammer anzuzeigen.
Aufklärung der Vorkommnisse
Weiter bittet jameda um Aufklärung der Vorkommnisse. Der angeschriebene Arzt soll erklären, wie es dazu kommen konnte, dass gekaufte Bewertungen auf seinem Profil veröffentlicht worden seien.
Zudem weist jameda darauf hin, dass sie davon ausgehen werden, dass der Arzt auch weiterhin gekaufte Bewertungen auf seinem Profil veröffentlichen werden wird, wenn keine Aufklärung erfolgen sollte. Man behalte sich dann vor, die Nutzer per Warnhinweis darüber zu informieren, dass es gekaufte Bewertungen auf seinem Profil gab und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die bestehenden Bewertungen nicht auch manipuliert seien.
Zum Schluss erfolgt ein weiterer Hinweis, dass sämtliche positiven Bewertungen des Arztes einer internen Prüfung unterzogen worden seien und es zu Löschungen von Bewertungen kam, da die Authentizität der Bewertung durch den jeweiligen Nutzer nicht hinreichend bestätigt worden sei.
Fatal: Jameda schreibt Bewerter des Arztes direkt an
In besonderem Maße geschäftsschädigend ist die Tatsache, dass jameda die Bewerter des bewerteten Arztes anschreibt und zu verstehen gibt, dass es Unregelmäßigkeiten auf dem bewerteten Profil gäbe:
„In dem von Ihnen bewerteten Profil wurden Auffälligkeiten festgestellt, die uns an der Authenzität einzelner Bewertungen zweifeln lassen.“
Bei dem uns vorliegenden Fall hat jameda, nach Aussage des Arztes, sämtliche Bewerter auf diese Weiseangeschrieben. Nachweislich wurden dabei auch Patienten des Arztes kontaktiert, die über diese Vorgehensweise schockiert waren.
Wie sollten sich Ärzte verhalten?
Der Einsatz von gekauften Bewertungen ist wettbewerbswidrig. Hierüber habe ich bereits in diversen Fachzeitschriften berichtet.
Müßig ist es darüber zu diskutieren, ob die Ärzte in einem Wettbewerbsverhältnis zu einem Bewertungsportals stehen. Dies ist sicherlich nicht der Fall.
Ungeachtet dessen, ist der Einsatz von Fakebewertungen dennoch rechtswidrig.
Fraglich ist allerdings, ob jameda zu diesem Vorgehen berechtigt ist und tatsächlich den Nachweis führen kann, dass rechtswidrige Bewertungen eingesetzt werden. Nur in diesem Fall sehe ich eine Entfernung bzw. Löschung oder Deaktivierung der Bewertungen als zulässig an.
Keinesfalls zulässig dürfte der angedrohte “Warnhinweis“ sein, der Nutzer darüber informieren soll, dass es gekaufte Bewertungen gab und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die bestehenden Bewertungen nicht auch manipuliert seien. Dies kommt einer Vorverurteilung und einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung gleich - quasi eine Pauschalanprangerung des betroffenen Arztes.
In diesen Fällen kann nur empfohlen werden, sich anwaltlich beraten und vertreten zu lassen und keine voreiligen “Auskünfte“ zu erteilen.
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