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Nacktbild

sind Berichte über Nacktfotos zulässig?

Nacktfoto und Berichterstattung
Detaillierte Berichterstattung über die Veröffentlichung von Nacktfotos kann rechtswidrig sein

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Die Sängerin Lena Meyer-Landrut wurde von einem Unbekannten mit der Veröffentlichung ihrer Nacktbilder im Internet erpresst. Der BGH (Urt. v. 30.04.2019, Az. VI ZR 360/18) musste darüber entscheiden, ob die detaillierte Berichterstattung der Bild-Zeitung über diesen Fall einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre der Sängerin darstellte oder ob das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an diesem Fall diese konkrete Form der Presseberichterstattung rechtfertigt.

Sachverhalt

Es kommt immer wieder vor, dass Prominente Opfer eines „Datendiebstahls“ und private Bilder – vor allem intime Nacktfotos – als Druckmittel für eine Erpressung genutzt wurden. Regelmäßig wurde damit gedroht, die intimen Bilder im Internet zu veröffentlichen, wenn nicht die geforderte Summe geleistet wird. Über einen derartigen Vorfall der bekannten deutschen Popsängerin Lena Meyer-Landrut berichtete auch die Bild-Zeitung über ihr Onlineportal „bild.de“. Die Zeitung veröffentlichte einen Artikel, der zunächst das Geschehen schilderte, wonach es sich um private Nacktbilder und Videos mit Liebesbotschaften handeln solle, welche die Sängerin für ihren Freund angefertigt hatte.

Der Laptop des Freundes wurde aus dessen Auto gestohlen und die Bilder gelangten so in die falschen Hände. Die Bild-Zeitung stellte in Ihrem Bericht nicht nur den Erpressungsversuch dar, sondern veröffentlichte auch zwei Erpresser-Tweets, welche der Täter postete und in denen er das gestohlene Material als „Kollektion seines Masturbatoriums" bezeichnet und das Ganze mit den Worten „Lasset die Spiele beginnen“ kommentierte. Die Nacktbilder, mit denen die Sängerin erpresst wurde, zeigte die Bild-Zeitung jedoch nicht.

Klage auf Unterlassung gegen die Berichterstattung

Gegen diese Berichterstattung wehrte sich das prominente Opfer und klagte auf Unterlassung. Das LG Berlin gab der Klage vorerst statt, doch die von der Tageszeitung eingelegte Berufung vor dem KG Berlin war erfolgreich. Die daraufhin eingelegte Revision des Popstars hatte vor dem BGH Erfolg (Urt. v. 30.04.2019, Az. VI ZR 360/18).

Das KG Berlin begründete seine Entscheidung zunächst damit, dass es sich nicht um eine rechtswidrige Berichterstattung handele. Zwar betreffe diese ihre Privatsphäre, jedoch überwiege in diesem Fall das öffentliche Informations- und Berichterstattungsinteresse. Ein Eingriff in die sog. Intimsphäre kann nicht angenommen werden, da der Artikel die intimen Bilder nicht zeige.

BGH bejaht Unterlassungsanspruch wegen Eingriff in die Privatsphäre

Der BGH sah das anders und sprach der Sängerin einen Unterlassungsanspruch in gem. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zu. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sahen die Karlsruher Richter in der Berichterstattung einen rechtswidrigen Eingriff in die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasste Privatsphäre.

Diese gewährt dem Einzelnen das Recht für sich zu sein, sich selber zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen, worunter auch die vertrauliche Kommunikation einer Beziehung und auch die Sexualität gehören.

Durch diesen Schutz vor Kenntniserlangung wird die sexuelle Entfaltung ermöglicht. Folglich berührt die Berichterstattung, welche die Aufnahmen als "intime Fotos", "private Videos", "Nackt-Selfies", "pikante Fotos" und "Videos mit persönlichen Liebesbotschaften" bezeichnet, das Sexualleben der der Sängerin.

Keine „Selbstöffnung“ durch Weiterleitung der Bilder an ihren Freund

Der Einwand, dass die Sängerin die Bilder an ihren Freund weitergeleitet hat und deshalb nicht den Schutz der Privatsphäre genieße, lehnte das Gericht ab. Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann in bestimmten Fällen entfallen oder gegenüber anderen Grundrechten zurücktreten, etwa wenn die Person ihre Privatsphäre von sich aus öffnet und der Öffentlichkeit zugänglich macht (sog. Selbstöffnung). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, denn die Bilder waren ausschließlich für den Freund bestimmt. Auch die allgemein bekannte Gefahr eines Datendiebstahls ändert nichts an dieser Sichtweise, denn die immer weiter ansteigende Nutzung informationstechnischer Systeme (wie z.B. elektronische Dateien wie Bilder, Videos oder Social Media) schafft neben neuen Möglichkeiten der Persönlichkeitsentfaltung auch neue Gefahren für die Persönlichkeit, woraus ein gesteigertes Schutzbedürfnis folgt.

Schutz des Persönlichkeitsrechts überwiegt der Meinungsfreiheit

Auch die Abwägung mit der widerstreitenden Meinungsfreiheit ging zugunsten des Persönlichkeitsrechts aus. Die Berichterstattung ließ sich nicht aufgrund eines berechtigten Informationsinteresses rechtfertigen. Zwar informiere der Artikel über ein durchaus verbreitetes Phänomen, der Verbreitung von Nacktfotos im Internet („Sex-Leaks“) und einer damit verbundenen Straftat, jedoch überwiegt in diesem Fall die Privatsphäre der Popsängerin, da private Informationen aus dem Beziehungsleben mitgeteilt werden, die einen tiefen Einblick in ihre persönlichen Lebensumstände geben, wodurch der innere Bereich der Privatsphäre berührt und ein Bezug zur Intimsphäre geschafft wird.

„Anlockwirkung“ der Berichterstattung intensiviert den Eingriff in die Privatsphäre

Intensiviert wird dieser Eingriff durch die „Anlockwirkung“ des Artikels, der mit dem Hinweis "mit ein paar Klicks kann jeder die Dateien sehen" und den Erpresser-Tweets versehen ist und zur Folge hat, dass eine Vielzahl von Personen nach diesen im Internet suchen. Weiterhin lassen die Erpresser-Tweets den Leser an der Demütigung durch den Täter teilhaben, was den Eingriff umso mehr verstärkt. Zu berücksichtigen sei auch, dass es sich bei der Sängerin um ein Opfer einer Straftat handelt, weshalb sie besonders schutzwürdig sei.

Letztlich führten auch die Argumente, dass sich die Popsängerin auf ihrem Instagram-Profil leicht bekleidet und in erotischen Posen ihren Followern und der Öffentlichkeit präsentiere, sowie der ganze Vorfall bereits in einer Vorberichterstattung der Öffentlichkeit bekannt war, nicht zu einer Umstimmung des Gerichts. Denn einerseits seien die Bilder auf dem Instagram-Profil allesamt in Bekleidung und die Posen in der Öffentlichkeit üblich, andererseits wurde durch die Berichterstattung der Vorfall einer breiten Masse bekannt gemacht, wodurch der Verbreitungsgrad erheblich erweitert wurde.

Stellungnahme:

Bedeutet das Urteil, dass die Medien zukünftig nie mehr über die illegale Veröffentlichung von Nacktbilder von Prominenten berichten dürfen? Nein! Es muss immer eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse und den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen durchgeführt werden. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange (Meinungsfreiheit) der anderen Seite (Medien) überwiegt. Es kommt daher explizit auf den genauen Wortlaut der Berichterstattung an.

Im vorliegenden Fall hat die Bild-Zeitung nach Ansicht der Richter einfach zu detailliert über die Erpressung berichtet – „Das Gewicht des Eingriffs ist schon deshalb ganz erheblich, weil sehr private Informationen aus dem Beziehungsleben der Klägerin mitgeteilt werden, die einen tiefen Einblick in ihre persönlichen Lebensumstände geben sowie jedenfalls zum inneren Bereich ihrer Privatsphäre gehören und einen Bezug zur Intimsphäre herstellen.“

Des Weiteren haben die „Anlockwirkung“ des streitgegenständlichen Artikels sowie die Wiedergabe der Erpresser-Tweets auch einen Ausschlag zur Bejahung der Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben.

Nacktfotos sind ein sehr heikles Thema. Gerade für die Betroffenen können insbesondere die Veröffentlichung von intimen Fotos sowie auch eine zu detaillierte Berichterstattung darüber schwerwiegende Folgen haben. Der Fall zeigt auch, dass Prominente nicht zwangsläufig Freiwild der Medien sind und nicht alles über sich ergehen lassen müssen. Als Person des öffentlichen Lebens muss man durchaus damit rechnen, dass über die eigene Person in den Medien berichtet wird. Jedoch gibt es auch hier klare Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Eingriffe in den Kern der Privatsphäre und das Sexualleben muss niemand dulden, auch kein Prominenter.

Wurden Nacktbilder von ihnen ohne ihr Einverständnis im Internet veröffentlicht, sollten Sie schnellst möglich handeln. Im ersten Schritt sollten sie alle vorhandenen Beweise sichern und im zweiten Schritt sich an einen Rechtsanwalt wenden, der sich auf das Persönlichkeitsrecht mit Schwerpunkt Recht am eigenen Bild spezialisiert hat. Ihnen stehen bei der illegalen Veröffentlichung von Nacktfotos verschiedene Rechte zu, insbesondere Unterlassungsansprüche und Geldentschädigungsansprüche.

Ansprechpartner

Tobias Röttger
Rechtsanwalt LL.M. Medienrecht

Rechtsanwalt Röttger ist Gründer und Gesellschafter von gulden röttger rechtsanwälte. Tobias Röttger hat sich konsequent auf das geistige Eigentum, Social Media, die Persönlichkeitsrechte, Medienrecht und sich die daraus ergebenden Datenschutzprobleme fokussiert. Rechtsanwalt Röttger ist zertifizierter Datenschutzbeauftragter TÜV©.

[email protected]
+49-6131-240950

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