In den sozialen Medien werden Corona-Maßnahmen gerne mit den abscheulichen Taten aus der NS-Zeit verglichen. Dabei werden oft auch die bekannten Kennzeichen des NS-Regimes gepostet. Das kann strafbar sein.
Nutzer von sozialen Medien, aber auch Inhalteanbieter, die nicht schnell genug darauf reagieren, können hier die Grenze zur Strafbarkeit überschreiten.
Propagandamittel und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wie etwa der NSDAP und deren Unterorganisationen, auch etwa dem IS, sind Gegenstand strafrechtlicher Regelungen, die verhindern sollen, dass solche Kennzeichen heute noch verwendet werden.
Es folgt ein Überblick über die Regelungen und was zu beachten ist, wenn diese Inhalte im Netz auftauchen.
Propaganda ist keine geschützte Meinung
Verboten sind Propaganda und die Identifikation mit verfassungswidrigen Organisationen, vgl. §§ 86, 86a StGB. Die Meinungsfreiheit wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht eingeschränkt, denn Propaganda ist keine Meinung i.S.d. Art.5 Abs.1 GG.
Es ist zumeist gezielte Falschinformation als „Werbung“ für eine verfassungswidrige Ideologie. Dafür stehen auch die Kennzeichen symbolhaft.
Erlaubt bleibt die Nutzung aber zu sozial-adäquaten Zwecken. Soll mit einem Bild etwas historisch belegt werden, so wird das Mittel nicht zu den vorgesehenen Zwecken verwendet, sondern für den politisch, historischen Diskurs – dafür bleibt also weiterhin Raum.
Wann werden Propagandamitteln verbreitet (§ 86 StGB)?
Strafbar macht sich, wer Propagandamittel öffentlich zugänglich macht. So z.B. durch das Posten auf Social Media.
Ob Propagandamittel vorliegen, bestimmt sich formalistisch.
Nämlich dann, wenn sie inhaltlich in aggressiver Weise gegen tragende Grundsätze der freiheitlich demokratischen Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind. Zudem, wenn sie organisatorisch einer verfassungswidrigen Organisation zuzuordnen sind – etwa der NSDAP die KZ-Schriftzüge „Jedem das Seine“ oder „Arbeit macht frei“.
Was sind Kennzeichen (§ 86a StGB)?
Kennzeichen sind verkörperte und nichtkörperliche Erkennungszeichen bestimmter Organisationen. Es geht also nicht um den Inhalt, sondern den Erkennungswert, den Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einer verfassungswidrigen Organisation. Es sind Symbole und Identifizierungsmerkmale.
Es reicht kein Näheverhältnis, sondern es muss eine klare Zuordnung vorliegen. Also etwa Insignien der NSDAP, wie SS-Runen oder Hakenkreuze – aber auch der Hitler-Gruß oder dessen Portrait. Auch Fotos und Aufnahmen reichen aus.
Wann ist von einem Verwenden des Kennzeichens auszugehen?
Weil der Begriff Verwenden sehr weit reichen kann, wird der Tatbestand in der Praxis auf seinen eigentlichen Schutzzweck begrenzt. Er ist nur erfüllt, wenn sich der Verwender erkennbar mit den Inhalten identifiziert und sie unterstützt.
Politischer Diskurs, die kritische Verwendung oder Satire als Stilmittel des politischen Meinungskampfes sollen gerade nicht verboten werden.
Wann scheidet eine Strafbarkeit noch aus?
Beide Tatbestände scheiden von vornherein aus, wenn die Handlung schutzwürdigen Zwecken dient – sie also sozial-adäquat ist. Das ist etwa bei journalistischer Aufarbeitung oder im politischen Meinungskampf der Fall. Das Gesetz schützt die Nutzung im Rahmen der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte und ähnlichen Zwecken vor.
Was müssen Inhalteanbieter beachten?
Wer die Tathandlung vorsätzlich vornimmt, dem drohen bis zu 3 Jahre Haft oder Geldstrafe. Aber auch fremde Inhalte müssen überwacht werden. Wenn etwa der Facebook-Post eines Unternehmens mit möglicherweise NS-Propaganda kommentiert wird – ist man als Unternehmen in der Handlungspflicht.
Spätestens bei Kenntnis von möglichen Rechtsverstößen auf der eigenen Plattform müssen die Inhalte überprüft werden. Sind sie rechtswidrig, müssen sie gelöscht werden. Schafft man keine Abhilfe, trifft einen möglicherweise eine eigenständige Haftung.
Das kann auch durch eine Linksetzung auf strafbare Inhalte der Fall sein oder durch das Teilen von Postings. Dabei muss ausreichend deutlich gemacht werden, dass es sich um fremde Inhalte handelt, mit denen man sich nicht identifiziert.
Entscheidende Kontrollfrage kann sein: Werden die Mittel und Kennzeichen zu dem Zweck verwendet, für den sie geschaffen wurden oder dienen sie der Aufklärung oder Berichterstattung – sog. Sozialadäquanzklausel?
Nutzt man die Tatmittel im Rahmen der Berichterstattung oder einfach in sozialen Netzwerken ist es immer ratsam zum Ausdruck zu bringen, dass die Bilder einem historischen – keinem identifizierenden Zweck dienen.
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