Schadenersatz nach DSGVO für die Löschung eines Social-Media-Beitrags? Schadensersatz für die Löschung eines Beitrags auf Facebook? Mit dieser Frage hatte sich das OLG Dresden (Beschl. v. 11.06.2019, Az.: 4 U 760/19) zu beschäftigen.
Auslöser dieses Rechtsstreits war die Löschung eines rassistischen Post und die Sperrung eines Social-Media-Accounts. Der Kläger setzte einen rassistischen Post ab („Nüscht wie Neger") , kommentierte diesen auch rassistisch ("Das waren noch Zeiten, als das nunmehr zentral gesteuerte deutsche Staatsfernsehen noch neutral berichtete und solche herrlichen Serien zeigte. P.S.: Bin gespannt, wann es gelöscht wird … aber da würde die Politik sich selbst verleugnen.") und teilte dazu einen Link zu einer Fernsehserie aus den 1970er Jahren in dem das Wort „Neger“ wiederholt vorkommt. Dies nahm der Social-Media-Betreiber zum Anlass, den Beitrag des Klägers zu löschen und sein Konto zeitweise zu sperren. Infolgedessen klagte das verärgerte Social-Media-Mitglied auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrung, Freischaltung des Beitrags, Auskunftserteilung, materiellen und immateriellen Schadenersatz und Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Vor dem LG Görlitz hatte die Klage teilweise Erfolg. Das Gericht hatte den Betreiber der Social-Media-Plattform durch Versäumnisurteil zur Wiederfreischaltung des Beitrags verurteilt und festgestellt, dass sowohl die Löschung als auch die Sperrung rechtswidrig waren. Die anderweitig geltend gemachten Ansprüche hat es jedoch zurückgewiesen, wogegen sich die Berufung des Klägers richtete. Nach Ansicht des Klägers handele es sich bei dem Post um eine zulässige Meinungsäußerung. Aus diesem Grund sei die Löschung des Beitrages und die zeitweilige Sperrung des Nutzerkontos rechtswidrig, woraus sich Auskunfts- und Schadensersatzansprüche ergeben würden.
Dieser Ansicht ist das OLG Dresden nicht gefolgt. Zwar sei die Berufung zulässig, jedoch unbegründet. Mit einem Hinweisbeschluss teilte das Gericht mit, dass es die Berufung zurückweisen werde. Weder seien Auskunfts- noch Schadensersatzansprüche gegeben.
Ein Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB, hinsichtlich der Frage, ob die Sperrung durch ein „beauftragtes Unternehmen“ erfolgte, sahen die Dresdner Richter ebenfalls wie die Vorinstanz für nicht gegeben an. Auch Ansprüche aus § 826 BGB wurden verneint. Hierzu führte das Gericht aus, dass einerseits die vom Social-Media-Portal verfassten „Community-Standards“, die nach herrschender Ansicht als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen sind, ein Löschungsrecht für sog. „Hassbotschaften“ gewähre, andererseits aber auch nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 NetzDG der Betreiber dazu verpflichtet sei, offensichtlich rechtswidrige Beiträge zu löschen. Genauso abwegig sah das OLG einen Auskunftsanspruch über mögliche Weisungen der Bundesregierung.
Letztlich wurde auch ein Anspruch auf Zahlung von 150 € verneint. Weder ergäbe sich ein solcher Anspruch aus der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1, 2 Abs. 1 GG), da es an einem schwerwiegenden Eingriff fehle. Ein solcher sei in der Löschung des Beitrags und der Sperrung des Nutzerkontos nicht erkennbar. Noch ergäbe sich ein Zahlungsanspruch aus der DSGVO. Zwar gewährt Art. 82 Abs. 1 DSG-VO jeder Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, einen Schadensersatzanspruch gegen den Verantwortlichen. Jedoch liege in der Löschung des Posts und der Sperrung des Nutzerkontos kein Verstoß gegen Vorgaben der DSGVO. Denn durch die Zustimmung in die Nutzungsbedingungen hat der Kläger auch der Verarbeitung seiner Daten – wozu auch die Löschung und Sperrung gem. Art. 4 Nr. 2 DSG-VO zählen – zugestimmt, sodass diese rechtmäßig war. Auch sei ein Schaden im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSG-VO nicht erkennbar.
Fazit:
Die Betreiber von Social-Media-Plattformen dürfen rassistische Posts löschen. Erfüllt ein Post den Tatbestand der „Hassbotschaft“, dann darf der Betreiber die Löschung ggfls. zum einen aufgrund seiner Community-Standards vornehmen, zum anderen ist er auch nach dem NetzDG dazu verpflichtet. Dem Nutzer stehen in einem solchen Fall weder Auskunfts- noch Schadensersatzansprüche zu.
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