Vergleichende Werbung: Darf ich eine Pressemitteilung darüber veröffentlichen, dass ein Konkurrent meine Betriebsgeheimnisse verletzt hat?
Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 7.3.2019, Az.: I ZR 254/16) hat sich mit dieser Frage beschäftigt und entschieden, dass ein Hersteller von Knochenzement eine Pressemitteilung veröffentlichen durfte, welche darüber informierte, dass ein Mitbewerber seine Betriebsgeheimnisse verletzt hat.
Verletzung von Betriebsgeheimnissen
Ein führender Hersteller für Knochenzement hatte gegen einen früheren Geschäftspartner und jetzigen Konkurrenten wegen der Verletzung von Betriebsgeheimnissen geklagt. Das OLG Frankfurt a. Main (Urt. v. 5. Juni 2014, Az.: 6 U 15/13) gab der Klage statt, denn das konkurrierende Unternehmen verwertete Spezifikationen bestimmter Inhaltsstoffe für den Knochenzement, welches das Gericht als Betriebsgeheimnisse wertete. Daraufhin wurde der Vertrieb des Knochenzements durch die Konkurrenz untersagt.
Anschließend wurde eine Pressemittelung veröffentlicht, die darauf hinwies, dass der Konkurrent unter anderem "bei der Entwicklung und Herstellung des Knochenzementportfolios […] widerrechtlich Betriebsgeheimnisse verwendet" und "Teile der [der Beklagten] gehörenden Rezepturen widerrechtlich zur Herstellung eigenen Knochenzements verwendet" hatte.
Gegen diese Behauptungen reichte das Unternehmen Klage beim LG Hamburg auf Unterlassung ein, da es sich aus ihrer Sicht um eine unlautere Herabsetzung handelte. Die Klage hatte Erfolg und eine hiergegen eingelegte Berufung scheiterte. Die anschließende Revision durch den BGH hingegen war erfolgreich. Denn nach Ansicht der Karlsruher Richter stellen die Behauptungen in der Pressemitteilung keine unlautere Herabsetzung im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG dar.
Herabsetzende Äußerungen
Der Annahme des Berufungsgerichts, dass es sich bei den Behauptungen um vergleichende Werbung gem. § 6 Abs. 1 UWG handelte, stimmte der BGH zwar zu, jedoch sah er keine Herabsetzung im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG. Eine Herabsetzung im Sinne dieser Bestimmung setze mehr voraus als die einem kritischen Werbevergleich immanente Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der verglichenen Produkte. Maßgeblich sei, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlichen Erörterung halte oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Herabsetzend im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG sei ein Vergleich daher nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die ihn als unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen. Für die Beurteilung kam es den Richtern insbesondere darauf an, ob die Behauptungen für die Kunden erforderlich oder immer nützlich seien im Hinblick auf eventuelle Vorteile des eigenen Angebots und eine damit einhergehende Markttransparenz. Ebenso wichtig war die Frage, inwieweit diese Informationen für eine sachgerechte und informierte Nachfrageentscheidung der Kundschaft notwendig erscheint.
Mit Blick auf den vorliegenden Fall hatte der BGH entschieden, dass es sich bei den angebotenen Produkten aus dem Bereich der Medizin um einen besonders sicherheitssensiblen Bereich handelt und es für den Erwerber und seine Kaufentscheidung durchaus von Interesse ist zu wissen, ob und wie ein Anbieter von Knochenzement entwickelt.
Empfehlung für die Praxis:
Werden Aussagen über Konkurrenten getroffen, muss darauf geachtet werden, dass es sich nicht um vergleichende Werbung im Sinne von § 6 UWG handelt. Insbesondere der Tatbestand der Herabsetzung oder Verunglimpfung eines Mitbewerbers (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG) kann schnell erfüllt sein. Man sollte daher immer sachlich bleiben, wenn man über die Konkurrenz spricht, um Abmahnungen zu vermeiden.
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