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Schadensersatz nach Pressebericht?

Schadensersatz nach Pressebericht?

Kein Schadensersatz wegen Kündigung nach Pressebericht

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Für einen renommierten Verlag konnten wir eine Schadensersatzklage in Höhe von rund 8.000 Euro abwehren. Die Klägerin machte drei Monatslöhne als Schadensersatz nach einem Arbeitsplatzverlust im Anschluss an eine Presseberichterstattung einer Tageszeitung geltend. Die Klage richtete sie gegen den Verlag, den wir vertreten haben.

Aufdeckung von Missständen

Der Klägerin wandte sich an eine freie Redakteurin des Verlags, um über die Aufdeckung von Missständen zu berichten, die in einem Zusammenhang mit einem Auftraggeber ihres Arbeitgebers standen. Die freie Redakteurin und die Klägerin führten mehrere Telefonate wegen der Thematik. Im Anschluss folgte die entsprechende Berichterstattung. Die Klägerin wurde namentlich nicht genannt. Lediglich die Berufsbezeichnung der Klägerin wurde erwähnt.

Nach der erfolgten Berichterstattung wurde die Klägerin von ihrem Arbeitgeber entlassen.

Die Klägerin behauptete nun, dass die Entlassung aufgrund der konkreten Presseberichterstattung erfolgte, obwohl eine Vertraulichkeitsabrede getroffen worden sei.

Die Redakteurin hingegen teilte mit, dass lediglich zugesichert wurde, dass der Namen der Klägerin nicht genannt werden sollte. Eine Vertraulichkeitsabrede habe es nicht gegeben.

Zudem wies die freie Redakteurin darauf hin, dass die Klägerin auf drohende wirtschaftliche Konsequenzen oder gar einen drohenden Arbeitsplatzverlust zu keiner Zeit hinwies.

Vertraulichkeitsabreden mit freier Mitarbeiterin und nicht mit dem Verlag

Das Gericht hat die Klage komplett abgewiesen. Eine Vertraulichkeitsabrede sei weder schlüssig vorgetragen noch nachgewiesen worden, zumal die Klägerin „nur“ mit der freien Redakteurin korrespondiert habe und nicht mit dem Verlag selbst.

Das Gericht wies darauf hin, dass selbst eine ständige Beauftragung der freien Redakteurin durch die Beklagte nicht mit einer Vertretungsmacht und schon gar nicht mit einer Vollmacht der Redakteurin zu verwechseln sei, den Verlag im Außenverhältnis vertraglichen Verpflichtungen zu unterwerfen. Genau dies wäre aber der Fall, wenn eine freie Redakteurin Vertraulichkeitsabreden stellvertretend für den Verlag abschließen könnte.

Der Verlag, der hier verklagt wurde, hätte eine solche Vollmacht niemals erteilt. Eine nachträgliche Genehmigung lag somit auch nicht vor.

Das Gericht urteilte weiter, dass der Klägerin auch wegen der behaupteten Verletzung von Vertraulichkeit keine Ansprüche aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gegen die Beklagte zustehen ürden. Einen generellen Schutz des Geheimhaltungswillens durch das Persönlichkeitsrecht gibt es nicht, so das Gericht. Ein absolutes Recht, über die Weitergabe der Information, welche die Klägerin der Redakteurin mitgeteilt hat, zu bestimmen, stehe der Klägerin nicht zu, BGH, Urteil vom 26.11.2019 – VI ZR 12/19 – Rn.33, juris.); LG Frankenthal 6 O 268/21 – Urteil vom 28.06.2022.

Abschließend wies das Gericht zudem darauf hin, dass auch eine Klage gegen den Verlag direkt aussichtslos wäre, mangels entsprechender Kausalität zwischen der konkreten Berichterstattung und der Kündigung. Die Klägerin selbst hatte ich an die Presse gewendet und im Prozess mitgeteilt, dass man ihr gekündigt habe, weil sie sich - entgegen interner Vereinbarungen - an die Presse gewendet habe.

Fazit zu Schadensersatzklagen gegen Presse und Medien

Das Urteil reiht sich ein in die gefestigte Rechtsprechung, dass Schadenersatzklagen gegen einen Verlag meistens nicht von Erfolg gekrönt sind - zumindest aus Sicht der Kläger*innen. Tatsächlich muss dem Verlag eine doppelte Kausalität nachgewiesen werden. Die Berichterstattung muss ursächlich für den Schadenseintritt gewesen sein und wenn diese Hürde genommen ist, muss auch noch nachgewiesen werden, dass der Schaden tatsächlich in der geltend gemachten Höhe entstanden ist. Wenn Presse und Medien ihren journalistischen Sorgfaltspflichten einhalten, sind die Betroffenen gut beraten, nicht gleich mit einer Schadensersatzklage zu starten, sondern die möglichen Ansprüche in Ruhe überprüfen zu lassen. Ansonsten kann dies am Ende sehr teuer werden, wie im vorliegenden Fall. Der Schuss ist quasi nach hinten losgegangen.

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Ansprechpartner

Karsten Gulden
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht LL.M. und Mediator

Karsten Gulden ist Rechtsanwalt & Mediator; Mitgründer und Gesellschafter der Kanzlei gulden röttger rechtsanwälte, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht seit 2009, Wahlfachprüfer beim Justizministerium Mainz/Rheinland-Pfalz und Mitglied im NetzDG-Prüfausschuss der FSM.
Zudem ist er ein Familienmensch, der das Klettern, die Berge & das Campen liebt. Die meiste freie Zeit verbringt er mit der Familie & den Pferden in freier Natur.

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