Keine zwingende Anhörung bei Kontosperrung aufgrund außerordentlicher Kündigung
Landgericht München (42 O 4307/19)
Das Landgericht München hat die Klage eines ehemaligen Nutzers gegen Facebook abgewiesen (42 O 4307/19). Facebook hatte das Benutzerkonto des Mannes ohne Vorwarnung gesperrt. Zu Recht, entschied das Gericht: Dem Mann stünde kein Schadensersatz zu und auch sein Konto müsse Facebook nicht wiederherstellen.
Der Grund der Sperre: Im Facebook-Messenger hatte der Mann neun Fotos von weiblichen Personen weitergeleitet. An sich nicht zwingend verboten, wären es Fotos aus dem Freundeskreis, die mit Einwilligung verschickt wurden. Doch handelte es sich hierbei nicht um irgendwelche Fotos, sondern um Missbrauchsbilder. Mit einer Software identifizierte Facebook diese Fotos nämlich als „Child Exploitative Imagery“ (CEI), als ausbeuterische Bilder von Kindern. Die Sperre folgte prompt und dauerhaft.
Facebook-Konto gesperrt ohne Vorwarnung
Von der Sperre erfuhr der Kläger erst durch die Sperre. Seine Beschwerde änderte nichts, ein Mitarbeiter schaute sich den Fall an und bestätigte, dass es sich um CEI-Inhalte handelte. Vor der Sperrung seines Kontos hätte er angehört werden müssen, protestierte der Mann vor Gericht. Gar nicht vorstellen könne er sich, dass die Inhalte verboten seien, seine Freunde hätten ihm sicher keine verbotenen Fotos geschickt. Außerdem habe er die Fotos nicht öffentlich, sondern lediglich im Rahmen eines privaten Gesprächsverlaufs versandt.
Das überzeugte die Richter nicht. Die Fotos enthielten pornographische und damit ausbeuterische Darstellungen von Minderjährigen. Der Kläger habe nicht einmal vorgebracht, dass Software oder Facebook-Mitarbeiter falsch gelegen hätten.
Facebook-Sperrung war rechtlich eine Kündigung
Rechtlich ordnete das Gericht die dauerhafte Kontosperre als außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ein, zulässig ausnahmsweise auch ohne vorherige Anhörung bei einem Nutzungsvertrag, der einem Facebook-Konto zugrunde liegt. Und um solch einen Ausnahmefall handele es sich hier, stellten die Richter nach einer Abwägung der Interessen des Nutzers und derer Facebooks fest.
Das Gericht erkannte auf der einen Seite an, dass die Sperre für den Nutzer die elektronische Kommunikation zu Freunden und Familie erschwere. Der Wechsel zu einem Netzwerk eines anderen Betreibers könne – angesichts der Marktmacht - mit dem Verlust von Kontakten verbunden sein. Durch die Deaktivierung seines Kontos sei der Kläger zudem zumindest abstrakt daran gehindert, mittels der Dienste der Beklagten seine Meinung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG kundzutun – auch wenn in der Vergangenheit nicht erkenntlich gewesen sei, dass er das Netzwerk dazu tatsächlich genutzt habe. Das Versenden dieser Fotos sei aber keine Meinungsäußerung gewesen.
Die Meinungsfreiheit schützt auch Facebook
Auf der anderen Seite habe Facebook ein geschäftliches Interesse daran, Nutzern ein sicheres Kommunikationsumfeld und ihren Werbekunden ein attraktives Werbeumfeld zu bieten. Das sei von der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG geschützt. Und auch Facebook könne sich auf die Meinungsfreiheit berufen, da diese Vorschrift auch den Kommunikationsprozess als solchen schütze, den Facebook als Netzwerkbetreiber unterstütze. Auch die Persönlichkeitsrechte der anderen Nutzer seien zu berücksichtigen, und zwecks Vermeidung eigener Haftung, müsse Facebook ohnehin Inhalte mit strafbaren oder rechtsverletzenden Inhalten entfernen. Der Plattform sei es angesichts dieser Situation nicht zuzumuten gewesen, das Vertragsverhältnis mit dem Kläger aufrechtzuerhalten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Fazit
Facebook wie auch andere Soziale Medien setzen Filtertechniken ein, um Straftaten und Verbrechen frühzeitig erkennen zu können. Hierzu sind sie rechtlich als auch ethisch verpflichtet.
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