Für einen renommierten Verlag konnten wir eine Schadensersatzklage in Höhe von rund 30.000 € erfolgreich abwehren.
Der Fall: Kreditgefährdung eines Unternehmers?
Der Kläger begehrte Schadensersatz und entgangenen Gewinn wegen Berichterstattungen des beklagten Verlags.
Der Kläger war Geschäftsführer einer GmbH und Inhaber eines Einzelunternehmens. Der Verlag berichtete auszugsweise über den Kläger, dass dieser bezüglich der GmbH und des Geschäfts im Rahmen einer Befragung antwortete “das gibt es nicht mehr“. Das wurde vom Kläger bestritten.
Kurze Zeit nach der Berichterstattung wurde die GmbH des Klägers liquidiert. Der Kläger wurde zum Liquidator bestellt.
Die Lokalredaktion der Beklagten berichtete kurz darauf weiter, dass die GmbH Insolvenz angemeldet habe. Eine Zahlungsunfähigkeit der GmbH bestand tatsächlich zu keinem Zeitpunkt. Der Verlag veröffentlichte allerdings freiwillig und aus eigenem Antrieb eine ergänzende Mitteilung über den "Verschreiber" und korrigierte die Darstellung bzgl. der GmbH - keine Insolvenz, sondern Liquidation.
Der Kläger behauptete nun, es sei infolge der Berichterstattung zu gravierenden wirtschaftlichen Einbußen seiner Firma und der GmbH gekommen. Vertragspartner hätten sich von ihm abgewendet, sodass ihm allein hierdurch höhere Kosten entstanden seien. Zudem machte er einen entgangenen Gewinn von rund 18.000 € geltend. Aufgrund der Berichterstattung hätten ihm langjährige Kunden gekündigt.
Der Verlag entgegnete, dass der Kläger bei einem Telefongespräch mit der Redakteurin vor der Veröffentlichung des Artikels genau das gesagt habe, was dann auch zitiert und publiziert wurde.
Die Entscheidung des Gerichts zur Kreditgefährdung
Das Gericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 824 BGB. Die Berichterstattungen der Beklagten seien nicht geeignet, den Kredit des klägerischen Unternehmens zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen gemäß § 824 Abs. 1 BGB.
Das Gericht erklärte, dass der § 824 BGB nur dann eine Schadensersatzpflicht entstehen lasse, wenn eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Wertschätzung, die der Verletzte (hier der Kläger) selbst genießt, durch die konkrete Berichterstattung erfolgt sein müsse. Die Äußerung müsse sich, wie beim betriebsbezogenen Eingriff bei einem Anspruch wegen eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach ihrer Stoßrichtung so, wie sie im Verkehr verstanden wird, unmittelbar mit dem Verletzten in seinem wirtschaftlichen Betätigungsfeld befassen.
Das war vorliegend nicht der Fall.
Die Berichterstattungen befassten sich nicht in erster Linie mit dem Kläger als natürliche Person, sondern mit den Vorgängen des Betriebes.
Der Kläger hatte vorliegend nach Ansicht des Gerichts nicht dargelegt, dass die Äußerungen geeignet waren, seinen Ruf im Geschäftsverkehr und die wirtschaftliche Einschätzung seines Unternehmens zu beeinträchtigen. Die Berichte bezogen sich vielmehr auf die GmbH, nicht jedoch in abträglicher Weise auf den Kläger als natürliche Person. Er wurde in der Berichterstattung lediglich als Geschäftsführer der GmbH erwähnt. Für eine unmittelbare Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen des Klägers gab es keine Anhaltspunkte. Ein kausaler Schaden wurde auch nicht hinreichend dargelegt.
Das Gericht wies auch darauf hin, dass der Kläger konkrete Anknüpfungstatsachen vortragen und beweisen muss, wenn er einen entgangenen Gewinn geltend machen möchte.
Bezüglich des Punktes zum Vortrag der tatsächlich nicht vorliegenden “Insolvenz“, äußerte sich das Gericht in der Urteilsbegründung nicht. In der mündlichen Verhandlung wies der Vorsitzende Richter jedoch darauf hin, dass dies unbeachtlich sei, da die Berichterstattung im Übrigen rechtmäßig war und der Verlag im Laufe der Berichterstattungen auch darauf hinwies, dass irrtümlicherweise einmal von einer Insolvenz berichtet wurde. Ungeachtet dessen dürfe eine einzelne Behauptung nicht isoliert betrachtet werden, sondern stets im Gesamtkontext der Berichterstattung. Für den Leser mache es in diesem Fall jedenfalls keinen Unterschied, ob von Insolvenz oder Liquidation gesprochen werde.
Die Berichterstattungen waren inhaltlich derart formuliert, dass die Leser nicht von einer Zahlungsunfähigkeit ausgehen mussten, sondern darüber informiert wurden, dass die Geschäfte tatsächlich weiterliefen.
Fazit zu Schadensersatzklagen gegen Verlage wegen Berichterstattungen
Der Fall zeigt, dass die Hürden hoch sind, wenn Betroffene von der Presse Schadensersatz verlangen wollen, wegen einer vermeintlichen unzulässigen Berichterstattung.
Das Gericht betonte, dass die Haftung der Presse nicht überdehnt werden darf. Insbesondere die Vorschrift des § 824 BGB - übrigens der einzige, speziell äußerungsrechtliche Tatbestand im Bürgerlichen Gesetzbuch - sei nicht dahin zu verstehen, dass eine Ersatzpflicht gegenüber allen mittelbar (es muss eine unmittelbare Betroffenheit vorliegen) durch die Auswirkung der Äußerung in ihrem Vermögensinteressen betroffenen Personen angeordnet sei. Eine solch weite Haftung für die Presse auf dem Gebiet der Berichterstattung über wirtschaftliche Angelegenheiten hätte unabsehbare Folgen und Risiken für die Presse, was vom Gesetzgeber nicht gewollt sei. Die Presse muss auch im wirtschaftlichen Sektor kritisch und unangenehm berichten dürfen. Das haben wir ebenso vorgetragen.
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